In der funktional orientierten Systemtheorie ist der PROBLEMbegriff von zentraler Bedeutung. Gleichzeitig ist es aber unpopulär, im allgemeinen Sprachgebrauch von Problemen zu sprechen. Wenn man von Problemen spricht, wird einem schnell negatives Denken oder mangelnde Lösungsorientierung vorgeworfen.

In Zeiten der Krise gibt es keine Alternative: Wir müssen unser Bewusstsein BEDINGUNGSLOS auf die zu lösenden Probleme richten - nur so können nützliche Ideen und Lösungen entstehen. 🔥

Was ist ein Problem?

Neulich habe ich mit Gerhard Wohland ein längeres Gespräch geführt, welches wir in 29 einzelne Clips unterteilt haben. In einer der Sequenzen hat er auch den Problembegriff erläutert:

Die systemtheoretische Beschreibung lautet (vgl. Wohland 2012: Denkwerkzeuge der Höchstleister, S. 159):

"Da ein System die Komplexität seiner Umgebung nicht abbilden kann, muss es die meisten Umgebungsreize (Irritationen) ignorieren. Ein Reiz, der nicht ohne Schaden ignoriert werden darf, ist ein Problem. Ist das Problem einem bekannten ähnlich, kann es mit einer passenden Methode bearbeitet werden. Ist es neu, so bedarf es einer Idee zur Lösung."

Menschen sind evolutionär darauf trainiert, sich der veränderlichen Umwelt kontinuierlich anzupassen (vgl. Darwin). Im Unterschied zu dieser menschlichen Fähigkeit setzen Sozialsysteme (wie z.B. Unternehmen) das fort, was sie bisher gemacht haben. Es bedarf einer Irritation von außen (wie z.B. einer Krise oder sonstiger Interventionen), damit Sozialsysteme beginnen, ihre Operationen und Strukturen zu verändern. Das passiert gerade, ob wir wollen oder nicht.

Die Kunst besteht nun darin, das menschliche Bewusstsein (denn Sozialsysteme können kein Bewusstsein haben) auf jene Probleme zu lenken, die gelöst werden müssen, um weiterhin als Organisation bestehen zu können. Ergo: Der Schlüssel liegt in der Identifikation, Fokussierung und Lösung der richtigen und wichtigen Probleme. Dies gilt generell und ganz besonders in der Krise!

Menschen haben Ideen

Die Lösung komplexer Probleme bedarf Kreativität und guter Ideen. Nur Menschen können Ideen haben. Wichtig ist hierbei jedoch (vgl. Wohland 2012: Denkwerkzeuge der Höchstleister, S. 112):

"Gedanken sind die Grundoperation des Bewusstseins. […] Ideen sind Gedanken, die sich auf ein zu lösendes Problem beziehen. Ohne Problem gibt es keine Ideen, nur Gedanken. Ideen sind die Vorform von Erkenntnis."

Warum sind die skizzierten Zusammenhänge nun besonders in Krisenzeiten so wichtig? Aus zwei Gründen: a) Wir müssen EFFEKTIV die richtigen Probleme identifizieren und lösen. b) Wir brauchen SCHNELLE Lösungsansätze, um deren Wirksamkeit kontinuierlich zu beobachten und mit neuen Ideen darauf zu reagieren.

Teams lösen komplexe Probleme

Wie kann man nun praktisch vorgehen?

  1. PROBLEME IDENTIFIZIEREN: Das, was in Krisenzeiten vielen Menschen schwer fällt, ist nun besonders wichtig, nämlich einen kühlen Kopf zu bewahren und mit Verstand und Fakten die relevanten Themen und Probleme identifizieren. Das macht man, indem man Probleme von Scheinproblemen unterscheidet. 💧
  2. PROBLEME SCHARF STELLEN: Sobald die richtigen Probleme identifiziert sind, müssen sie "scharf gestellt" werden. Das macht man, indem man sie präzise und klar beschreibt und beobachtet, wie das Umfeld reagiert. Hierzu braucht es Menschen, die über das Talent verfügen, Teams zu stiften. Das passiert dann, wenn eine Gruppe von (wiederum talentierten Menschen) auf ein Problem zündet. ⚡️
  3. PROBLEME LÖSEN: Teams lösen Probleme, indem sie Ideen und kreative Lösungen entwickeln. Das ist anstrengend und häufig auch konfliktreich. Wenn es aber gelingt, die Diversität und Unterschiedlichkeit der beteiligten Talente zu nutzen, können in kurzer Zeit hoch-effektiv funktionierende Lösungen entstehen.

Hier noch die passende Erklärung von Gerhard Wohland:

Unternehmerische Kraft

Vor einigen Wochen habe ich hier auf LinkedIn einen hervorragenden Beitrag von Prof. Dr. Nico Rose gefunden. Darin beschreibt er genau die Grundhaltung, die wir nun in besonderem Maße brauchen: Meliora / Meliorismus. Was bedeutet das?

© Prof. Dr. Nico Rose

Jene Menschen, denen es gelingt,

  • einerseits einen kühlen Kopf zu bewahren und mit reinem Verstand die völlig neue Situation zu beobachten, zu analysieren und im Diskurs mit anderen besser zu verstehen und
  • andererseits mit Leidenschaft und Haltung die echten Probleme anzugehen und sich für konstruktive Lösungen einzusetzen,

können in der Krise Probleme lösen - im Kleinen und im Großen. Wir sollten uns mit dieser konstruktiven, melioristischen Geistes-Haltung gegenseitig ermutigen und im besten Fall anstecken.

Menschen, die jetzt so denken und agieren, sind für mich Unternehmer/innen im besten Sinne (im Unterschied zu Unterlasser/innen) - egal, in welchem Bereich (Gesundheit, Pflege, Bildung, Wirtschaft, Politik...) sie einen Beitrag zum Weg aus der Krise leisten.

Alles wird gut. Wenn wir wollen. 👊