Unumstritten ist die Tourismusbranche von der Corona-Pandemie massiv betroffen. Laut der World Tourism Organisation sind 100 bis 120 Millionen Arbeitsplätze durch die Corona-Pandemie im weltweiten Tourismus in Gefahr. 850 Millionen bis 1,1 Milliarden Touristen werden dem weltweiten Tourismus im Jahr 2020 fehlen. Die Situation stellt sich für viele Betriebe und Destinationen dramatisch dar.

Fokussieren wir uns in diesem Beitrag auf die österreichische Hotellerie. Ohne Zweifel werden sehr viele Touristiker an den ökonomischen Folgen von Corona ihr unternehmerisches Ende finden. Umso wichtiger ist es nüchtern und mit Verstand die Situation zu analysieren. Dazu möchte ich zwei Hypothesen zur Diskussion stellen.

Hypothese 1: Die Krise im Tourismus ist nicht neu.

Die erste Hypothese stützt sich auf den Gedanken, dass die Tourismusbranche bereits vor der Corona-Pandemie in einer Krise steckte. Hierzu meine Gedanken:

Der Wettbewerbsdruck ist gestiegen und wird weiter steigen.

Immer mehr internationale Hotelketten kämpfen mit inhaber- und familiengeführten Hotelbetrieben um ein begrenztes Gästepotenzial. Dies führt zu einer zunehmenden Verengung der Märkte und einem härteren Kampf um die Gäste. In der Vergangenheit konnten sich Touristiker auf die schöne Landschaft, die herzliche Gastfreundschaft und ihre Stammgäste verlassen. Diese Zeiten sind vorbei.

Es fehlt an gutem Management.

InhaberInnen von familiengeführten Betrieben haben in der Regel ein sehr starkes Interesse an der visionären Weiterentwicklung ihrer Betriebe. Alles was glänzt hat aber auch eine Kehrseite. Straffes und systematisches Management kommt in diesen Betrieben sehr oft zu kurz, was oft zu Verschwendung und Ineffizienz führt. Nur eine Handvoll von Tourismusbetrieben haben finanziell stabile bis gute Kennzahlen. Die Erfahrung zeigt, dass die Eigenkapitalquoten in der Regel gegen Null tendieren und die Ertragsrentabilitätskennzahlen sich ähnlich verhalten. Es ist an der Zeit, wieder handwerklich gute Tourismusmanager auszubilden, die Betriebe ökonomisch rentabel, sozial fair und ökologisch nachhaltig führen können.

Die Entwicklung der Rahmenbedingungen.

Die Steuererhöhung auf Nächtigungen im Jahr 2016 von 10% auf 13% (seit 1. November 2018 wieder rückgängig gemacht) und die Erhöhung der Abschreibungsdauer von 33 auf 40 Jahre waren sicherlich zwei politische Maßnahmen, welche die Tourismuswirtschaft in Österreich beeinflusst haben und zum Teil weiter beeinflussen werden. Dementsprechend führt dies zu einer massiven Erschwerung der Verbesserung der finanziellen Stabilität.

Hypothese 2: Es kann besser werden.

Durch die Corona-Pandemie werden die Karten neu gemischt. Es werden die Betriebe überleben, die die Krise mit Verstand und Kreativität meistern können. Meine folgenden Überlegungen widmen sich strategischen Ansatzpunkten, abgeleitet aus den Gedanken aus Hypothese 1, die zu einer positiven Weiterentwicklung der Tourismuswirtschaft führen könnte.

Datenbasierte Kreativität

Damit kleinstrukturierte Tourismusbetriebe mit internationalen Hotelketten im Kampf um Gäste mithalten können (Marketing und Vertrieb) braucht es datenbasierte Kreativität. Was meine ich damit? Datenbasiert in Form von empirisch aufbereiteten Fakten und Kreativität in Form von daraus entstehendem unternehmerischem Mut und entschlossener Entscheidungsfreudigkeit.

Nicht nur Praxis. Theoriebasierte Ausbildung.

In den letzten Jahren könnte der Eindruck entstanden sein, dass sich die touristische Ausbildung sehr stark auf den Schwerpunkt „Praxisnähe“ konzentriert hat. Dieser Schwerpunkt hat bis zu einem gewissen Grad bestimmt seine Berechtigung. Ich möchte jedoch den Gedanken aufwerfen, dass gute Theorien in komplexen Situationen (einer Krise) sehr praktisch sein können und uns helfen die Probleme besser zu verstehen.

Zielgerichtetes Lobbying

Die Frage, die sich hier stellt, ist die: Wie können wir den Druck auf das System Politik, in Form einer wohlwollenden Konfrontation, erhöhen? Die Frage ist meiner Meinung nach leicht zu beantworten. Die Lobbyarbeit des Tourismus muss geschlossener und professioneller werden. Diese Professionalität und Geschlossenheit kann nur dann entstehen, wenn die wirklich wichtigen Problemstellungen geschärft und sichtbar gemacht werden. Wahrheit ist in diesem Zusammenhang Produktivkraft.

Die Tourismuswirtschaft hat in Österreich einen sehr hohen Stellenwert. Bis zu 20% des BIP werden in dieser Branche erzielt. Es ist daher an der Zeit, diesen Stellenwert mit zukunftsoptimistischer und unternehmerischer Kraft zu unterstützen. Bleiben wir dran!