November 1, 2021No Comments

Platon für Unternehmer und Manager

Philosophie, die Liebe zur Weisheit.

Platon hat als einer der großen antiken Philosophen mit seiner Ideenlehre eine wichtige Grundlage für unsere westliche Kultur geschaffen. Die platonische Idee hat aber nichts mit der Idee - dem spontanen Einfall oder Gedanken - zu tun, wie sie heute umgangssprachlich verstanden wird. Vielmehr geht es Platon um das wahrhafte Sein, die Einheit über der Vielheit, den urbildhaften und vorbildhaften Prinzipen.

Unsere physische Welt ist für ihn ein Spiegelbild der höheren geistigen Welt - der Welt der Ideen. Die höchste platonische Idee ist die Idee des Guten, gefolgt von der Idee des Schönen und des Wahren.

Mehr denn je sollten sich Unternehmer/innen, Manager/innen und Führungskräfte an diesen Ideen orientieren. Denn nur über ihr Gutsein (arete) und ihren tugendhaften Charakter kann das Gute in Unternehmen (Idee = Zweck der Existenz = Sein & Wollen) dauerhaft zur Vorschein und in die Wirkung kommen.

Wichtig für das Verständnis Platons ist, dass die Idee des Guten nicht jener des Schlechten gegenüber steht - dementsprechend auch nicht moralisch gemeint ist. Nur die Idee des Guten (agathón) bringt Erkenntnis und Wahrheit hervor - entsprechend ist es vergleichbar mit Licht, welches das Wesentliche und Echte zum Vorschein bringt. Es ermächtigt das Seiende, das zu sein, was es ist.

Gute Unternehmer und Manager.

In der Europäischen Tradition des Unternehmertums ist das Bild des "Ehrbaren Kaufmanns" historisch verankert. Nachweislich wurde es bereits im 12. Jahrhundert in Italien und in norddeutschen Hansestädten gelehrt.

Im Zentrum dieses unternehmerischen Leitbildes steht eine humanistische Grundbildung. Ich nenne diesen Ursprung, in Anlehnung an meinen Freund und Kollegen Roger Dannenhauer, eine konstruktive GEISTES-HALTUNG.

Darum geht es jetzt und in Zukunft noch vielmehr. Nur so kann die Transformation in Richtung einer konstruktiven, nachhaltigen Wirtschaft gelingen. Denn das, was neuerdings mit "New Work" oder "Nachhaltigem Wirtschaften" bezeichnet wird, braucht konkrete Unternehmer/innen und Manager/innen, die das Richtige erkennen (= Geist) und das Richtige tun (= Haltung). Menschen, die Verantwortung übernehmen und nicht nur davon reden.

Der Weg zu gutem Unternehmertum und Management führt einzig und allein über Selbsterkenntnis. Werde, der Du bist.

Die Idee des guten Unternehmens.

Für mich ist es ein Privileg, unternehmerisch tätig zu sein. Denn als Unternehmer/in kann man seine Idee eines guten Unternehmens jeden Tag realisieren und leben. Das ist häufig hart, herausfordernd und frustrierend. Man enttäuscht andere Menschen und ist auch immer wieder mal enttäuscht von sich selbst. Aber man erfreut sich auch an den gemeinsamen Erfolgen und an dem, was gut gelingt. Denn es gibt kaum etwas Sinnvolleres und Befriedigenderes, als wenn man durch sein Tun Spuren in der Welt hinterlassen kann.

Als Unternehmensberater ist die Idee des guten Unternehmens in zweifacher Hinsicht von großer Bedeutung: a) für das eigene Unternehmen und b) noch viel wichtiger als Leitbild für das, was man tagtäglich bewirken möchte. Nämlich andere Unternehmen darin zu beraten, zu begleiten und zu unterstützen, die jeweilige UnternehmensIDEE noch erfolgreicher zu realisieren.

Daraus haben wir in den letzten Jahren ein Modell für unsere Idee des guten Unternehmens entwickelt. Auf dieser Grundlage denken wir jedes einzelne Unternehmen und Geschäftsmodell.

  1. MARKT: Ausgangspunkt ist immer der Markt und der entsprechende Marktbedarf. Etwas pointierter ausgedrückt: Es gibt Herausforderungen, Probleme und Engpässe in der Welt, die Grundlage für den jeweiligen Unternehmenszweck bilden. Diese gilt es, möglichst gut zu verstehen und zu antizipieren.
  2. IDEE: Die Kern- oder Leitidee eines Unternehmens muss von Menschen entwickelt und getragen werden - in erster Linie von dem/der Unternehmer/in, der Unternehmer-Familie und/oder den Top-Führungskräften. Das erfordert Zeit, besonnenes Nachdenken und regelmäßiges Reflektieren und Hinterfragen. Die Entwicklung einer kraftvollen und ansteckenden Unternehmensidee kann Jahre benötigen. Wahrscheinlich kann und soll man damit auch niemals fertig sein. Klar ist aber: Die Idee macht den Unterschied - sie manifestiert das "Sein & Wollen" des jeweiligen Unternehmens. Die ist die Kraft- und Energiequelle für die strategische und operative Entwicklung und Umsetzung.
  3. GUTES MANAGEMENT: Richtiges und gutes Management schafft ein Umfeld, in dem Zusammenarbeit ermöglicht wird und in dem sich menschliches Potenzial entfalten kann. Dieses Umfeld muss sich durch Wertschätzung, Verbundenheit, Sicherheit und Nähe auszeichnen - aber auch durch Resultat- und Leistungsorientierung, Disziplin und Konsequenz. "Management ist die bewegende Kraft, wo immer Ziele nur von vielen Menschen gemeinsam durch das Vernetzen von Arbeit und Wissen erreicht werden können." (Fredmund Malik)
  4. GUTE ORGANISATION: Die Organisation ist das wichtigste Werkzeug für Unternehmer/innen und Manager/innen, um den Unternehmenszweck dauerhaft und effektiv zu realisieren. Eine schlanke, dynamikrobuste Organisation zeichnet sich dadurch aus, dass sie nur das Notwendigste und Wichtigste regelt und steuert. Speziell in zunehmend dynamischen und komplexen Marktumfeldern ist es von entscheidender Bedeutung, ausreichend Freiräume für die Entfaltung und Nutzung menschlicher Potenziale und Kreativität zu schaffen.
  5. GUTE GESCHÄFTE: Durch die systematische Kopplung von Markt - Idee - Management und Organisation entsteht ein funktionierendes Geschäftsmodell und folglich gute Geschäfte. Gute Geschäfte sind wirtschaftlich, gesellschaftlich und ökologisch nachhaltig. Sie sind ein Beitrag zu einer besseren Welt.

Wir brauchen wieder eine echte Wirtschafts- und Managementphilosophie. Damit es aber nicht beim abstrakten Philosophieren bleibt, braucht es konkrete Menschen, die unternehmerische Verantwortung übernehmen. Wäre doch eigentlich einfach, nicht?

Stefan Hagen, 1.11.2021

Buchtipps

Juni 10, 2019No Comments

Die Kunst des klaren Denkens. Sieben philosophische Inspirationsquellen.

Wir sind gewohnt, eindeutige und widerspruchsfreie Antworten auf unsere Fragen zu erhalten. So sind wir sozialisiert - von frühester Kindheit an. Umgekehrt ist es in den meisten sozialen Kontexten - insbesondere im Business - unpopulär, an den schwierigen Fragen dran zu bleiben, sie immer wieder zu stellen, zu vertiefen und umzuformen.
Genau aber diese Form des Denkens - das Philosophieren - ist heute aber wichtiger denn je. Warum?

  • Weil wir mit großen, entscheidenden Fragen konfrontiert sind - allen voran die Ökologiefrage.
  • Weil die zu lösenden Probleme zunehmend komplex sind.
  • Weil wir für komplexe Fragen differenzierte, ganzheitliche, kreative und gut durchdachte Lösungen brauchen.

Philosophie macht einen Unterschied

Welchen Unterschied könnte es machen, wenn wir der Kunst und Praxis des Philosophierens wieder mehr Zeit, Raum und Bedeutung beimessen?

  • Neugierde: Gutes Philosophieren macht Menschen neugierig. Talentierte Philosoph/innen regen uns an, über die Welt, unser Miteinander und uns selbst tiefer, inspirierter und differenzierter nachzudenken.
  • Verstand: Gutes Philosophieren trainiert unseren Verstand. Wir sind in der Lage, besser zwischen Emotion und Verstand bzw. zwischen Gefühlen und wissenschaftlichen Tatsachen zu unterscheiden.
  • Beziehung: Gutes Philosophieren führt zu besseren Beziehungen. Wir lernen, unsere Argumente kultiviert auszutauschen, von- und miteinander zu lernen und die Qualität der jeweils anderen Position zu erkennen.

Ich möchte Ihnen heute 7 Inspirationsquellen präsentieren, die mich in den letzten Jahren

1 Herbert Pietschmann

Der Österreichische Physiker, Mathematiker und Philosoph Prof. Dr. Herbert Pietschmann zeigt in seinen Büchern und Vorträgen in exzellenter Art und Weise auf, wie unser Denken zu einer Atomisierung der Gesellschaft (Artikel als PDF) führt. Ich empfehle zur Einstimmung diesen ca. 50-minütigen Vortrag.
Besonders wertvoll sind Pietschmanns Ausführungen zu Aporien und Widersprüchen.

2 Yuval Noah Harari

Einer der vielleicht größten Denker unserer Zeit ist Yuval Noah Harari. Zur Einstimmung empfehle ich einige seiner Vorträge, die in großer Zahl auf Youtube verfügbar sind. Und natürlich sind auch seine Bücher höchst lesenswert, um tiefer in seine Gedanken zum Zustand und vor allem zur möglichen Zukunft der Welt einzutauchen.
Besonders wertvoll ist Hararis historische Perspektive auf die Welt.

3 Richard David Precht

Im deutschsprachigen Raum ist Richard David Precht wahrscheinlich der mit Abstand bekannteste Philosoph. Seine Popularität und die Massentauglichkeit seiner Gedanken (insbesondere zu Bildungsfragen) haben dazu geführt, dass sich beim einen oder anderen schon eine gewisse Precht-Müdigkeit eingestellt hat.
Nichtsdestotrotz sollte man Prechts Ausführungen zu Bildung, Digitalisierung, Wissenschaft oder dem Umgang mit Tieren kennen. Precht regt an und manchmal auch auf. Und das ist gut so!

4 Gary Vaynerchuk

Der nächste Vertreter, den ich Ihnen ans Herz legen möchte, ist kein klassischer Philosoph - sondern ein außergewöhnlich erfolgreicher Internet-Unternehmer: Gary Vaynerchuk. Seine Gedanken und Weisheiten sind überaus praktisch. Gary V bekennt sich dazu, in seinem Leben kein einziges Buch zu Ende gelesen zu haben.
Gary V beschreibt seine Philosophie mit "Clouds and Dirt". Damit meint er, dass er sich in seinem Denken und Handeln nur auf zwei Dinge konzentriert:

  • Clouds: Das Verständnis für das Große Ganze. Das, worauf es ankommt.  Das Big Picture.
  • Dirt: Das Wissen und Lernen durch praktisches Erfahren und Wiederholen.

Wichtig ist hierbei: Den "Bull****" in der Mitte lässt Gary V weg. Das ist für ihn alles, was weder inspiriert (Clouds) noch zum konkreten, praktischen Erkenntnisgewinn (Dirt) beiträgt.

5 Rolf Dolbelli

Der Schweizer Philosoph Rolf Dolbelli hat mit seinen Büchern "Die Kunst des klaren Denkens", "Die Kunst des guten Lebens" oder "Die Kunst des klugen Handelns" jeweils Bestseller vorgelegt, die Sie gelesen haben sollten.
Zum Einstieg empfehle ich - wie praktisch immer - einige Youtube Videos mit Vorträgen oder Interviews.

6 Philosophisches Radio

Die für mich persönlich wichtigste Quelle für philosophische Gedanken war in den letzten Jahren wahrscheinlich das Philosophische Radio des WDR. Hier spricht der hervorragende Jürgen Wiebicke regelmäßig mit klugen Denker/innen über verschiede philosophischen Fragestellungen. Seit vielen Jahren höre ich mir die Sendungen beim Autofahren als Podcast an - einfach grandios.

7 Sternstunde Philosophie

Last but not least noch das Äquivalent zum Philosophischen Radio aus der Schweiz - nämlich die Sendung "Sternstunde Philosophie" des Schweizer Fernsehens (SF). Auch dieses Format besticht mit hochkarätigen Denker/innen, vielfältigen Themen und Fragestellungen und im wahrsten Sinne des Wortes essenziellen Gedanken. Sehr wertvoll!

Ich hoffe, Ihre Neugierde und Ihr Interesse für Philosophie geweckt oder neu befeuert zu haben. Vielleicht treten Sie ja bei nächster Gelegenheit dafür ein, sich den praktischen Problemen und Herausforderungen unserer Zeit etwas philosophischer anzunähern. Das bedeutet für mich persönlich u.a. langsamer, substanzieller, widersprüchlicher, aufgeklärter, faktenbasierter, ganzheitlicher und inspirierter.
Ich wünsche gutes Philosophieren!

September 4, 2016No Comments

Der Sinn des Unternehmens (Dominic Veken) – Inspirierende Lektüre für Führungskräfte und alle, die sich mit gelingender Organisation beschäftigen.

Schon einige Wochen lag das Buch auf meinem Schreibtisch, in den letzten Tagen konnte ich es endlich lesen: „Der Sinn des Unternehmens - Wofür arbeiten wir eigentlich?“ von Dominic Veken.
Ich gebe zu: Wenn ich gewusst hätte, wie exzellent diese Lektüre ist, hätte ich mir es schon früher gegönnt. Es handelt sich Zweifels ohne um eines der besten und zeitgemäßesten Werke über Sinn, Werte und Unternehmensphilosophie, das ich in den letzten Jahren gelesen habe.
Aber Schritt für Schritt.  Read more

April 17, 2016No Comments

Konzentration auf das Große und das Kleine. Between the Clouds and the Dirt.

Vor einigen Monaten hat mir mein Kollege Flo Wassel von TOWA ein Video von Gary Vaynerchuck geschickt. Für uns beide ist Gary V ein Vorbild in Sachen Social Media und Business Development.
Flo Wassel hat mir damals sinngemäß geschrieben: "Ich glaube, dass Ihr auch so arbeitet." Das Video trug den Titel "Between the Clouds and the Dirt: A Short Film - Gary Vaynerchuk". Aber sehen Sie selbst: Read more

Dezember 18, 20112 Comments

Mechanistisches vs. ganzheitliches Denken und Handeln

Kürzlich habe ich einen interessanten Vortrag des renommierten Österreichischen Physikers, Prof. Dr. Herbert Pietschmann, als Podcast gehört. Titel des Vortrags war "Die Atomisierung der Gesellschaft". Darin geht Pietschmann einerseits auf die zun...

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