Juli 4, 2020No Comments

Mentale und strukturelle Stärke entwickeln. Robust führen.

Die Wege von Dr. Christian Uhl und uns haben sich in den letzten Jahren immer wieder gekreuzt. Als einer der renommiertesten und erfolgreichsten Sportpsychologen Westösterreichs hat Chris in den letzten Jahren etliche Spitzensportler/innen, Sportteams und Top-Manager/innen mental begleitet. Sein Credo: Mit Psychologie zum Erfolg.

Chris ist Experte für den Faktor MENSCH, wir für den Faktor ORGANISATION. Das ist genau die Kombination, die es heutzutage braucht, um Unternehmen erfolgreich zu führen, zu steuern und zu entwickeln.

Deshalb machen wir ab sofort gemeinsame Sache. Chris ist ein wichtiger Partner in unserem "Network of Excellence". Weitere Partner werden wir übrigens in den nächsten Wochen noch vorstellen.

Leadership Program.

In den letzten Wochen haben wir ein gemeinsames Coaching- und Beratungsprodukt entwickelt: ROBUST FÜHREN. Worum geht es?

  • Die Anforderungen an Führungskräfte sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Alle reden von VUCA, nun ist die volatile, unsichere, komplexe und widersprüchliche Welt endgültig da.
  • Die Professionalität des Managements ist DER Schlüssel zum Unternehmenserfolg. Es geht immer um die Entwicklung und Kopplung der beiden Ebenen MENSCH <> ORGANISATION.
  • Dr. Uhl ist Experte für den Faktor Mensch, wir für dynamikrobuste Organisation.
  • Unsere gemeinsame Vision: Wir setzen gezielt an beiden Polaritäten an und helfen einerseits den Führungskräften, mental robust und stark zu werden und gleichzeitig Strukturen und Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen Menschen gerne und gesund Leistung erbringen und ihre Potenziale entwickeln.
  • Wir wollen für Unternehmen und Führungskräfte unternehmerische Wegbegleiter sein. Inspirierend und handfest.

 

Weitere Informationen zu unserem neuen Leadership Programm folgen demnächst.

Im Gespräch.

Vorerst haben wir mit einer 7-teiligen Gesprächsreihe gestartet. Ziel ist es, Führungskräften einige Essenzen unseres gemeinsamen Ansatzes zu vermitteln.

  • Wie können Führungskräfte mental robust und stark werden?
  • Wie kommt man in einen gesunden Rhythmus, um noch effektiver, souveräner und kraftvoller zu führen?
  • Welche Strukturen und Rahmenbedingungen braucht es, um die gestiegene Komplexität und Dynamik verarbeiten und sogar nutzen zu können?
  • Wie kann man die Ebenen Mensch <> Organisation gezielt koppeln und entwickeln?

Episode 1: Robust führen in einer neuen Zeit.

 

Wir haben die Inhalte des ca. 15-minütigen Gesprächs für Sie stichwortartig zusammen gefasst - hier die Show Notes.

Faktor Organisation

Was sind wichtige Aspekte, um Organisation (= lebendiger Organismus) besser zu verstehen?

  • Wirtschaft verstehen: Um Unternehmen zukunftsfähig zu gestalten und zu führen, müssen wir Sozialsysteme besser verstehen. Der Code der Wirtschaft beispielsweise ist (vgl. Niklas Luhmann) zahlen - nicht zahlen bzw. wettbewerbsfähiger Gewinn. Nur wenn Unternehmen diesen Code knacken, indem sie einen Nutzen stiften und eine Funktion erfüllen, können sie Teil der Wirtschaft bleiben. Führungskräfte müssen zunehmend dafür sorgen, dass in Unternehmen keine romantischen Vorstellungen von Wirtschaft entstehen. Denn das ist - speziell in der aktuellen Zeit - lebensbedrohlich.
  • Schlanke, elegante Strukturen: Im Industriezeitalter haben viele - speziell größere Unternehmen - sehr differenzierte und umfangreiche Strukturen ausgebildet - z.B. komplizierte Prozesse, umfangreiche Regeln und Handbücher oder auch IT Systeme. Um in einem dynamischen Umfeld bestehen zu können, braucht es schlanke, elegante Strukturen und Steuerung UND bewusste Freiräume, in denen Menschen ihre Kreativität und ihr Potenzial gemeinsam zur Entfaltung bringen können. Führungskräfte wiederum müssen viel besser verstehen, welche Bedeutung diese Strukturen und Rahmenbedingungen künftig haben.
  • Unternehmen experimentell entwickeln: In hoher Dynamik braucht es Schutzräume und Experimente, um neue Strukturen ausbilden, erfahren und erlernen zu können. Das, was vielfach mit dem Modebegriff "Agilität" beschrieben wird, müssen Führungskräfte konzeptionell und sogar theoretisch verstehen, um es bewusst gestalten und entwickeln zu können.

Faktor Mensch

Was zeichnet mental robuste und starke Persönlichkeiten und Führungskräfte aus?

  • Sie sind KLAR: Klar im Feedback, klar in der Kommunikation und klar in der Führung. In der Führung wird Klar-Sein ab und an mit Böse Sein gleichgesetzt. Robuste Führung ist wohlwollend klar und packt sein Gegenüber nicht in Watte. Klar Sein ist die höchste Form der Wertschätzung meiner Mitarbeiter.
  • Sie sind IMPACT-GETRIEBEN: Sie haben einen hohen Impact auf sich selbst (Selbstführung) und auf Andere (Führung von Mitarbeitern). In allem was sie tun sind robuste Führer nicht effizient, sondern effektiv. Sie überlegen sich genau, mit welcher Maßnahme sie welchen Impact erzielen können. Sie sind hoch wirkungsvoll und driften den Tag über nicht in eine Mittelmäßigkeit ab, die keiner von uns haben will.
  • Sie sind MENTAL ROBUST: Sie steuern den Raum zwischen Reiz und Reaktion bewusst zu ihrem Vorteil und halten diesen ständig geschmeidig. Sie handeln nie aus Reflex und wenden Selbstmanagement-Techniken an, die sie energetisch und hoch fokussiert durch den Tag leiten.

Auf den Weg machen...

Gerade eine Krise, wie wir sie aktuell erleben, ist der perfekte Zeitpunkt, um Führung auf der Ebene Mensch und Organisation konsequent zu entwickeln. Denn die Komplexität und Unsicherheit der Märkte wird weiter zunehmen. Nun braucht es in besonderem Maße Orientierung, Klarheit und Entschlossenheit.

Wenn Führungskräfte ihre Verantwortung noch besser und effektiver wahrnehmen wollen, müssen sie sich auf den Weg machen.

Aufbruch. Jetzt.

Mai 1, 2020No Comments

PROBLEME mit unternehmerischer Kraft angehen und lösen.

In der funktional orientierten Systemtheorie ist der PROBLEMbegriff von zentraler Bedeutung. Gleichzeitig ist es aber unpopulär, im allgemeinen Sprachgebrauch von Problemen zu sprechen. Wenn man von Problemen spricht, wird einem schnell negatives Denken oder mangelnde Lösungsorientierung vorgeworfen.

In Zeiten der Krise gibt es keine Alternative: Wir müssen unser Bewusstsein BEDINGUNGSLOS auf die zu lösenden Probleme richten - nur so können nützliche Ideen und Lösungen entstehen. 🔥

Was ist ein Problem?

Neulich habe ich mit Gerhard Wohland ein längeres Gespräch geführt, welches wir in 29 einzelne Clips unterteilt haben. In einer der Sequenzen hat er auch den Problembegriff erläutert:

Die systemtheoretische Beschreibung lautet (vgl. Wohland 2012: Denkwerkzeuge der Höchstleister, S. 159):

"Da ein System die Komplexität seiner Umgebung nicht abbilden kann, muss es die meisten Umgebungsreize (Irritationen) ignorieren. Ein Reiz, der nicht ohne Schaden ignoriert werden darf, ist ein Problem. Ist das Problem einem bekannten ähnlich, kann es mit einer passenden Methode bearbeitet werden. Ist es neu, so bedarf es einer Idee zur Lösung."

Menschen sind evolutionär darauf trainiert, sich der veränderlichen Umwelt kontinuierlich anzupassen (vgl. Darwin). Im Unterschied zu dieser menschlichen Fähigkeit setzen Sozialsysteme (wie z.B. Unternehmen) das fort, was sie bisher gemacht haben. Es bedarf einer Irritation von außen (wie z.B. einer Krise oder sonstiger Interventionen), damit Sozialsysteme beginnen, ihre Operationen und Strukturen zu verändern. Das passiert gerade, ob wir wollen oder nicht.

Die Kunst besteht nun darin, das menschliche Bewusstsein (denn Sozialsysteme können kein Bewusstsein haben) auf jene Probleme zu lenken, die gelöst werden müssen, um weiterhin als Organisation bestehen zu können. Ergo: Der Schlüssel liegt in der Identifikation, Fokussierung und Lösung der richtigen und wichtigen Probleme. Dies gilt generell und ganz besonders in der Krise!

Menschen haben Ideen

Die Lösung komplexer Probleme bedarf Kreativität und guter Ideen. Nur Menschen können Ideen haben. Wichtig ist hierbei jedoch (vgl. Wohland 2012: Denkwerkzeuge der Höchstleister, S. 112):

"Gedanken sind die Grundoperation des Bewusstseins. […] Ideen sind Gedanken, die sich auf ein zu lösendes Problem beziehen. Ohne Problem gibt es keine Ideen, nur Gedanken. Ideen sind die Vorform von Erkenntnis."

Warum sind die skizzierten Zusammenhänge nun besonders in Krisenzeiten so wichtig? Aus zwei Gründen: a) Wir müssen EFFEKTIV die richtigen Probleme identifizieren und lösen. b) Wir brauchen SCHNELLE Lösungsansätze, um deren Wirksamkeit kontinuierlich zu beobachten und mit neuen Ideen darauf zu reagieren.

Teams lösen komplexe Probleme

Wie kann man nun praktisch vorgehen?

  1. PROBLEME IDENTIFIZIEREN: Das, was in Krisenzeiten vielen Menschen schwer fällt, ist nun besonders wichtig, nämlich einen kühlen Kopf zu bewahren und mit Verstand und Fakten die relevanten Themen und Probleme identifizieren. Das macht man, indem man Probleme von Scheinproblemen unterscheidet. 💧
  2. PROBLEME SCHARF STELLEN: Sobald die richtigen Probleme identifiziert sind, müssen sie "scharf gestellt" werden. Das macht man, indem man sie präzise und klar beschreibt und beobachtet, wie das Umfeld reagiert. Hierzu braucht es Menschen, die über das Talent verfügen, Teams zu stiften. Das passiert dann, wenn eine Gruppe von (wiederum talentierten Menschen) auf ein Problem zündet. ⚡️
  3. PROBLEME LÖSEN: Teams lösen Probleme, indem sie Ideen und kreative Lösungen entwickeln. Das ist anstrengend und häufig auch konfliktreich. Wenn es aber gelingt, die Diversität und Unterschiedlichkeit der beteiligten Talente zu nutzen, können in kurzer Zeit hoch-effektiv funktionierende Lösungen entstehen.

Hier noch die passende Erklärung von Gerhard Wohland:

Unternehmerische Kraft

Vor einigen Wochen habe ich hier auf LinkedIn einen hervorragenden Beitrag von Prof. Dr. Nico Rose gefunden. Darin beschreibt er genau die Grundhaltung, die wir nun in besonderem Maße brauchen: Meliora / Meliorismus. Was bedeutet das?

© Prof. Dr. Nico Rose

Jene Menschen, denen es gelingt,

  • einerseits einen kühlen Kopf zu bewahren und mit reinem Verstand die völlig neue Situation zu beobachten, zu analysieren und im Diskurs mit anderen besser zu verstehen und
  • andererseits mit Leidenschaft und Haltung die echten Probleme anzugehen und sich für konstruktive Lösungen einzusetzen,

können in der Krise Probleme lösen - im Kleinen und im Großen. Wir sollten uns mit dieser konstruktiven, melioristischen Geistes-Haltung gegenseitig ermutigen und im besten Fall anstecken.

Menschen, die jetzt so denken und agieren, sind für mich Unternehmer/innen im besten Sinne (im Unterschied zu Unterlasser/innen) - egal, in welchem Bereich (Gesundheit, Pflege, Bildung, Wirtschaft, Politik...) sie einen Beitrag zum Weg aus der Krise leisten.

Alles wird gut. Wenn wir wollen. 👊

März 15, 2020No Comments

5 Prinzipien, die in Krisenzeiten besonders wichtig sind.

In unserem Newsletter vom Freitag haben wir einige Prinzipien zusammen gefasst, die gerade jetzt von entscheidender Bedeutung sind:

  • DANKBARKEIT. 🙏 Eine der wichtigsten Tugenden haben wir vor vielen Jahren von David Steindl Rast gelernt: Dankbarkeit. Gerade jetzt sollten wir uns daran erinnern, wie privilegiert wir sind - trotz der aktuell anspruchsvollen Situation. Tiefe Dankbarkeit führt zu innerer Ruhe. Perception is everything.
  • KONSTRUKTIVE GRUNDHALTUNG. 🚀 Es gibt keinen Grund, die Nerven zu verlieren. Insbesondere Führungskräfte sollten nun eine positive und konstruktive Grundhaltung ausstrahlen. Authentisches (Ur)Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, die Kraft der Gemeinschaft und die Tatsache, dass es gut werden wird.
  • DENKEN. HANDELN. 👊 Speziell in Krisensituation gilt, objektive Fakten zusammen zu tragen, besonnen nachzudenken und entschlossen zu handeln. Tag für Tag. Stunde für Stunde.
  • PROBLEME IN DEN FOKUS. 🔥 Ein Problem ist ein Zustand, den man nicht ignorieren kann. Wir müssen nun die zu lösenden Probleme in den Fokus stellen und sie konsequent lösen. Problem für Problem. Schritt für Schritt. Umgekehrt: Scheinprobleme dürfen nun keinen Platz haben.
  • WOHLWOLLENDE KONFRONTATION. 🙋‍♀️ Jetzt müssen wir in besonderem Maße Verständnis füreinander haben und aufbringen, uns gegenseitig unterstützen, uns durch gute Gespräche Mut zusprechen. Gleichzeitig braucht es aber auch Konfrontation mit dem, was nun getan werden muss. Wir brauchen jeden - jammern ist jetzt keine Option.

Führung muss führen.

Vor allem Unternehmer/innen und Führungskräfte sind jetzt gefordert,

  1. die Lage kontinuierlich und FAKTENBASIERT zu bewerten,
  2. STRUKTUREN einzurichten, die ein konzentriertes Krisenmanagement gewährleisten können (Information - Steuerung - Entscheidung) und
  3. MASSNAHMEN einzuleiten, die den Fortbestand des Unternehmens sichern.

Spätestens jetzt sollte klar sein: Es wird für viele Unternehmen ein Überlebenskampf. Je früher wir uns auf die außergewöhnliche Situation einstellen, umso wirkungsvoller werden die Entscheidungen sein.

Selber denken.

Noch ein letzter Gedanke: NIEMAND kann jetzt einen fertigen Plan haben. Wir können "nur" an unserer mentalen Fitness arbeiten und von Tag zu Tag bzw. Stunde zu Stunde lernen und wach bleiben.

Wir sind spätestens jetzt gezwungen, SELBER ZU DENKEN und die VERANTWORTUNG für uns, unsere Familien, unsere Nachbarn und Mitmenschen aber auch unsere Unternehmen zu übernehmen.

Es kommt nun auf jede und jeden an. Gemeinsam werden wir die Krise meistern und gestärkt daraus hervorgehen - persönlich, als Unternehmen und als Gesellschaft. 👊 ALLES WIRD GUT.

Stefan Hagen

April 14, 2019No Comments

Gefühle und Organisationen.

Es ist modern geworden, mehr Menschlichkeit in Organisationen - insbesondere in der Wirtschaft - zu fordern. Schließlich wollen wir doch alle zusammen nett zueinander sein. Wir wollen zu unserem humanistischen Welt- und Menschenbild stehen. Wir wollen das Gute. Dagegen ist soweit nichts einzuwenden.
Führungskräfte sollen authentisch, menschlich und empathisch sein - und natürlich sollen sie Gefühle zeigen und zulassen. Und noch besser: Die Führungskräfte sollen sich selbst abschaffen, damit wir endlich ohne Chef/in und ganz demokratisch zusammen arbeiten können. Das alles klingt auf den ersten Blick vernünftig und fortschrittlich, wird aber nicht in der Breite funktionieren.
Ich möchte meine Argumentation in drei Schritten aufbauen:

  1. Was ist eine "Organisation"?
  2. Welchen Einfluss hat der spezifische Kontext einer Organisation?
  3. Wie kommen in Organisationen Entscheidungen zu Stande?

Organisationen

Wir leben in einer organisierten Welt. Unsere Gesellschaft wird immer mehr ausdifferenziert, in verschiedene Subsysteme (Wirtschaft, Recht, Bildung, Gesundheit, Soziales...) und Organisationen.
Die funktionale Systemtheorie definiert drei wesentliche Merkmale von Organisationen:

  • Mitgliedschaft: Organisationen können über ihre Mitgliedschaft entscheiden. Wer gehört dazu und wer nicht? Wer darf eintreten - wer muss die Organisation verlassen? So schafft die Organisation Grenzen, in denen sich die Mitglieder der Organisation den damit verbundenen Regeln unterwerfen. Es steht die Drohung im Raum, dass die Mitgliedschaft gekündigt wird, wenn die Regeln nicht eingehalten werden.
  • Zweck: Organisationen brauchen einen Zweck, durch den ihre Funktion im übergeordneten System (z.B. Wirtschaft) definiert wird. Je besser der Zweck erfüllt wird, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Organisation dauerhaft überlebt. Im Sozialsystem Wirtschaft muss der Zweck mit wettbewerbsfähigem Gewinn erbracht werden - sonst verschwindet das Unternehmen. Es ist modern geworden, diesen Zweck emotional aufzuladen (WHY? Sinn? Purpose? Passion?). Das kann helfen, die Anziehungskraft und Konformität der Organisation zu erhöhen.
  • Hierarchie: In der demokratischen Gesellschaft verlieren Hierarchien stetig an Bedeutung. Die Zeit, in denen sich Gesellschaften strikt hierarchisch organisieren konnten, sind (glücklicherweise) vorbei. Im Gegensatz dazu sind Organisationen (z.B. Unternehmen) in der Regel als Hierarchien organisiert. Hierarchie ist wichtig, um Entscheidungen treffen zu können.

Die Forderung nach mehr Menschlichkeit ist häufig implizit mit der Abschaffung bzw. Reduktion formaler Hierarchie (= Macht) verbunden. Es gibt natürlich Kontexte, in denen sich ein Weniger ein Struktur und Hierarchie bewährt - besonders was die Entwicklung menschlicher Potenziale angeht. Und natürlich gibt es auch Kontexte, in denen Selbstorganisation und Entscheidungsautonomie sehr gut funktionieren können. Dies sind aber eben nur bestimmte Kontexte. Umso mehr sollten wir dafür kämpfen, dass in diesen Kontexten möglichst wenig formale Organisation das Denken und Handeln einschränkt oder determiniert.

Kontext

Damit Organisationen ihren Zweck / ihre Funktion erfüllen können, müssen sie dem Umfeld einen Nutzen stiften. Wenn dies gut gelingt, ist beispielsweise ein Unternehmen sehr gut an den Markt angepasst (z.B. durch erfolgreiche Innovation), es erwirtschaftet satte Erträge, handelt bestenfalls auch sozial und ökonomisch verträglich, und das Betriebsklima ist bestens. Was aber passiert, wenn der Kontext sich ändert?
Die Gefühlslage in Organisationen hängt entscheidend vom spezifischen Kontext ab. Wie stellt sich der Markt dar? Wie erfolgreich ist das Unternehmen aktuell? Wie groß ist das Unternehmen? Was macht der Wettbewerb? Wie lange gibt es das Unternehmen schon?

Entscheidungen

Organisationen müssen selbst über ihre Zwecke, Hierarchien und Mitgliedschaften möglichst weitgehend entscheiden können. Nur so kann eine eigene Identität entstehen.
Die Forderung nach mehr Menschlichkeit geht einher mit der Forderung nach mehr Entscheidungsautonomie. Auch hier gilt (ähnlich wie bei der Hierarchie): Das kann sehr gut funktionieren, aber eben nur in bestimmten Kontexten.
In der Systemtheorie (Simon, Luhmann etc.) gibt es drei wesentliche formale Entscheidungsprämissen, die den Spielraum festlegen, innerhalb dessen bestimmte Mitglieder der Organisation frei entscheiden können. Dies sind:

  • Programme: In der Alltagssprache würde man Programme mit den "Regeln" einer übersetzen. Man kann zwischen Konditionalprogammen (Bedingungen <> Konsequenzen) und Zweckprogrammen (Ziele <> Mittel) unterscheiden. Strategien, Prozess- und Qualitätsvorgaben und Organisationshandbücher fallen in diese Kategorie. Programme machen überall dort Sinn, wo die Organisation mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit weiß, was sie zu erwarten hat (= geringe Dynamik).
  • Kommunikationswege: Entscheidungsprämissen werden durch Kommunikationswege definiert, in denen geregelt ist, wer in der Hierarchie bestimmte Entscheidungen zu treffen hat. Die formale Struktur (mit ihren asymmetrischen Über-/Unterordnungen und symetrischen Gleichordnungsverhältnissen) bildet für den jeweiligen Inhaber einer Stelle die Prämisse seiner Entscheidung - unabhängig von der Person des Stelleninhabers.
  • Personen: Eine der typischen Paradoxien in Organisationen ist die Tatsache, dass die Mitglieder prinzipiell austauschbar sind, sich die konkreten Personen aber in der Praxis als nicht (einfach) austauschbar erweisen. Denn natürlich können einzelne Personen in Organisationen einen großen Unterschied machen. Entsprechend sind Personen (einzeln oder in Gruppen) überall dort wichtige Entscheidungsprämissen, wo Entscheidungen in hoher Dynamik und großer Unsicherheit getroffen werden müssen.

Fazit

Ich kann die Forderung nach mehr Menschlichkeit natürlich nachvollziehen. Jede/r möchte in Organisationen gut und wertschätzend behandelt werden, sich bei der Arbeit in seinen / ihren Fähigkeiten und Talenten entfalten und im wahrsten Sinn des Wortes etwas Sinnvolles beitragen.
Die Art und Weise, wie die Diskussion geführt wird, empfinde ich in höchstem Maße moralisierend und emotional aufgeladen. Wir brauchen umgekehrt mehr Vernunft und gute Theorie, um Fortschritte in Gesellschaft, Wirtschaft, Politik, Ökologie etc. zu erzielen.
In einer zunehmend komplexen und unsicheren Welt MÜSSEN die meisten generellen Aussagen, die wir über Organisationen tätigen, zwangsläufig falsch sein. Denn es kommt immer häufiger auf den spezifischen Kontext an, ob etwas gelingt oder nicht. Entsprechend müssen wir lernen, viel differenzierter zu denken und zu argumentieren - bestenfalls auf der Grundlage von Fakten oder guter Theorie - und weniger auf der Grundlage persönlicher Gefühle oder Erfahrungen.
Organisationen werden dann für Menschen besser, wenn

  • wir lernen, sie besser (mit Theorie) zu verstehen,
  • wir sie nüchtern und möglichst objektiv beobachten und
  • auf dieser Grundlage bessere Entscheidungen treffen.

Stefan Hagen
 
Tipps und Lesestoff:

Dezember 31, 2018No Comments

Sei nicht so ängstlich!

Je länger ich mich mit Transformation und Wandel beschäftige, umso präsenter ist das Thema ANGST geworden. Angst scheint unsere Gesellschaft und Wirtschaft immer mehr zu durchdringen. Die weltweite politische Stimmungslage ist nur ein Indikator hierfür.

Auch in Wirtschaftsunternehmen scheinen Zukunftsängste unser Denken und Handeln immer mehr zu beeinträchtigen. Einige Beispiele:

  • Wir laufen blind jedem Trend nach, nehmen an Konferenzen Teil, leisten uns teure Berater/innen, und führen einen Innovationsworkshop nach dem anderen durch. Aber wir bringen immer weniger PS auf den Boden.
  • Wir lästern über die Amazons, Teslas, Apples, Googles und Facebooks dieser Welt, ohne differenziert zu hinterfragen, was wir von ihnen lernen könnten?
  • Wer die Position des Bewahrens in Unternehmen einnimmt, ist viel sicherer als jene, die für Veränderung, Innovation und Wandel einstehen.
  • Wir trauen uns nicht (mehr), selbständig zu denken und mutig zu handeln. Mehr noch: Wir stecken uns gegenseitig mit unserer Ängstlichkeit und unserer Skepsis an.

Ich gebe zu: Das nervt mich. Die Angsthasen seinen in vielen Bereichen die Macht übernommen zu haben. Das darf nicht sein. Wir müssen kämpfen.

Jede/r kann und muss einen Unterschied machen.

Es gibt nur eine wirkungsvolle Strategie im Umgang mit Angst. Wir müssen bei uns selbst beginnen.

  • Was macht mir Angst?
  • Woher kommen meine Ängste und Unsicherheiten?
  • Lasse ich meine spontanen Gefühle einfach zu? Oder bin ich in der Lage, sie mental zu kontrollieren?
  • Woher kommt meine Stärke, mein Mut, meine Selbstsicherheit?
  • Bin ich bereit, für das einzustehen, was mir wichtig ist?

Wir brauchen mehr Menschen, die a) sich selbst gut kennen, b) die sich ihrer selbst bewusst sind und dadurch c) selbstsicher und mutig handeln.

Frei nach Sartre: „Die Existenz geht der Essenz voraus.“

Stefan Hagen

Dezember 2, 2018No Comments

Blockierer, geht aus dem Weg!

In Zeiten radikaler Umbrüche sichern allein Innovation, Transformationsfähigkeit und Lernen die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen. Entweder wir passen uns dem Markt an oder wir werden angepasst. Soweit so trivial.
Die mächtigen Manager/innen in den Führungsetagen unserer Unternehmen scheinen dies teilweise zu ignorieren. Sind ihnen Macht, Status und Boni wichtiger als die Zukunft des Unternehmens? In vielen Fällen komme ich zum Schluss: JA!
Aktuelles Beispiel: Uli Hoeneß beim FC Bayern München. Kaum jemand verkörpert den Begriff Macht besser als er. Kantig, teilweise aggressiv und unbeirrbar vertritt er seine Meinung. Diese Haltung war noch bis vor wenigen Jahren ein Symbol für starkes, durchsetzungsfähiges Management. Immer häufiger aber blockieren Top-Manager notwendige Innovations- und Veränderungsprozesse.

Mir ist bewusst, dass es sich um ein heikles Thema handelt. Denn natürlich sollten wir den Leistungen der älteren Generation Respekt und Wertschätzung gegenüber bringen. Aber gleichzeitig müssen wir in disruptiven Zeiten viel hartnäckiger als bisher die Frage stellen, ob speziell die verantwortlichen Führungskräfte in Unternehmen noch am Puls der Zeit sind? Sind sie Vorbild für Innovation, Veränderung und Lernen? Sind sie neugierig und offen, wenn es um technologische und sonstige Veränderungen geht?
Die Antwort auf diese Fragen überlasse ich Ihnen.
Ich für mich komme immer häufiger zum Schluss: Wir müssen Blockierer in Organisationen hartnäckig und mit aller Macht bekämpfen. Denn es ist naiv zu glauben, dass sie sich von selbst verändern wollen und werden. Und ja, das ist vielfach auch eine Frage des Alters. Erfahrene Führungskräfte machen häufig gute Miene zum bösen Spiel, wenn der Veränderungsdruck steigt. Im Kern aber liegt ihnen das Bewahren viel näher als das verändern - denn darin sind sie wesentlich besser und kompetenter.
Jene, die sich für Innovation, Lernen und Veränderung in Unternehmen einsetzen, sollten gestärkt, geschützt und in Position gebracht werden. Zu diesem Schluss kommt übrigens auch die Moderne Verhaltensökonomie: "Unternehmen brauchen Rebellen mit Talent".
Wir sind bereit zu rebellieren.
 
 

November 24, 20181 Comment

Führungskräfte, Ihr solltet bloggen!

Anstoß zu diesem Blogbeitrag ist dieser Artikel, der kürzlich bei Atlassian veröffentlicht wurde.

Blogging rocks!

In den vergangenen 15 Jahren habe ich geschätzte 1.500 Blogbeiträge verfasst - die meisten auf dem PM Blog. Das hat mein Leben verändert. Warum?

  • Schreiben hilft mir, meine Gedanken zu ordnen und dadurch präziser über Probleme, Theorien und Erfahrungen nachzudenken.
  • Das Feedback der Leser/innen hat mir geholfen, Denkfehler aufzuspüren, Muster zu erkennen und zu lernen.
  • Ich habe durch's Bloggen unzählige spannende und wertvolle Menschen kennen gelernt - analog und digital.
  • Darüber hinaus konnte ich meine Intuition für Themen und Resonanzfelder weiter entwickeln.

Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungswerte stelle ich heute folgende These in den Raum:
Führungskräfte sollten regelmäßig intern bloggen. Dadurch fördern Sie die Kultur der Offenheit, des Dialogs und des Miteinanders.
Beispiele könnten sein:

  • regelmäßiger Beitrag (z.B. pro Quartal) über die Unternehmensstrategie, strategische Ziele und Schlüsselprojekte sowie deren Fortschritt (z.B. OKR)
  • regelmäßige Beiträge (z.B. monatlich) über die Geschäftsentwicklung und operative Prioritäten
  • unregelmäßige Beiträge über Marktentwicklungen, Teilnahmen bei Messen, Konferenzen etc.
  • Erläuterung wichtiger Entscheidungen
  • persönliche Sichtweisen und Wahrnehmungen teilen und wichtige Fragestellungen zur Diskussion stellen

Kulturwandel

Wenn Märkte dynamischer und wettbewerbsintensiver werden, brauchen wir Strategien, Fähigkeiten, Strukturen und eine Kultur, die auf agile Marktanpassung ausgelegt sind. Die Krux ist nur: Kultur kann man niemals direkt verändern. Vielmehr gilt es, einen Rahmen zu schaffen, in dem die neue Kultur entstehen kann.
Offenheit ist in diesem Zusammenhang ein Schlüsselwert:

5 konkrete Empfehlungen

  1. #digital collaboration: Führen Sie digitale Tools und Plattformen ein, um Transparenz zu schaffen und neue Formen der Kommunikation (z.B. Blogging) zu ermöglichen.
  2. #digital leadership: Trainieren und Coachen Sie Führungskräfte, wie sie die Tools wirkungsvoll und authentisch einsetzen können.
  3. #change agents: Laden Sie motivierte und talentierte Mitarbeiter/innen ein, als Multiplikatoren der neuen Kultur zu agieren, indem sie die neuen Formen der Kommunikation, Koordination und Kollaboration erlernen, damit experimentieren und sie konsequent im Alltag einsetzen (siehe hierzu auch "Organisationsrebellen").
  4. #digital learning: Begleiten Sie den Veränderungsprozess in Richtung von mehr Transparenz, mehr Klarheit und mehr Verbindlichkeit (z.B. Strategien, Ziele, Projekte, Spielregeln, Prozesse...) mit regelmäßigen Schulungen, Mentoring und Erfahrungsaustausch.
  5. #digital culture: Beobachten und reflektieren Sie die Veränderungen. Machen Sie erste Zwischenerfolge sichtbar und stellen Sie klar, dass es keine Alternative zum eingeschlagenen Weg gibt. Anpassungsfähige, innovative und erfolgreiche Unternehmen nutzen das Potenzial aller Mitarbeiter/innen. Dies geht nur in einer Kultur der Offenheit, Neugierde und des kontinuierlichen Lernens.

Ihr Stefan Hagen
 

Oktober 26, 2018No Comments

Kompetenz = Wissen + Können.

Menschen wollen etwas leisten, etwas beitragen, Spuren hinterlassen. Das ist meine tiefe Überzeugung. Dafür braucht es ganzheitliche Entwicklung, permanentes Lernen - kurz: Kompetenz.
Von Dr. Gerhard Wohland habe ich gelernt: Kompetenz = Wissen und Können. Wissen brauche ich, um die einfachen und komplizierten Problemanteile zu lösen. Für diesen Teil braucht es viel Übung, Disziplin und Präzision. Können hingegen ist an mein ganz persönliches Talent gebunden. Können muss sich im richtigen Kontext entfalten.

Wir haben ein Kompetenzproblem.

Eine kleine Provokation: Ich behaupte, dass wir häufig glauben besser zu sein, als wir eigentlich sind. Wir überschätzen uns und unsere Fähigkeiten.
Einerseits ist das gut, da es uns in Situationen der Überforderungen manövriert, in denen wir Neues lernen können. Dies passiert aber nur dann, wenn wir das Gelernte gut reflektieren und in unser Denken und Handeln integrieren. Andererseits kann die Selbstüberschätzung auf Dauer zu einer Diskrepanz von Selbst- und Fremdbild, von Sein und Schein führen. In genau diesem Dilemma befinden sich viele Menschen - speziell heranwachsende Jugendliche. Hierarchische Organisationen wirken verstärkend auf diese Problematik, da sich Menschen hinter der Struktur und der damit verbundenen Rolle verstecken können.

"Ich bin Expert/in für..."

Bei Hagen Management legen wir großen Wert darauf, dass jedes unserer Teammitglieder Expert/in für (mindestens) ein klar definierbares Themenfeld ist. Diese Kompetenz muss am konkreten Handeln und Verhalten sicht- und messbar sein. Auf dieser Grundlage können und sollen weitere Kompetenzen entwickelt werden, die immer wieder den Praxistest bestehen müssen.
Denn das, was vielleicht vor einiger Zeit eine relevante Kompetenz war, kann heute nutzlos sein. Stichwort: Halbwärtszeit des Wissens.

Verwöhnte Mimosen

Eine weitere Provokation: Viele Kinder und Jugendliche entwickeln sich zu verwöhnten Mimosen. Daran sind wir Erwachsene Schuld, nicht die Kinder. Dazu ein aktuelles Foto von Ali Mahlodji, das ich heute früh auf Facebook gefunden habe:

© Ali Mahlodji

Unsere Kinder und Jugendlichen wachsen immer häufiger in einem Umfeld auf, in dem sie durch die digitale Welt an sofortige Bedürfnisbefriedigung (instant gratification) gewöhnt werden. Schein überstrahlt das Sein. Das ist ein riesiges Problem, für Gesellschaft, Wirtschaft aber vor allem für den Reifeprozess in ein gutes, selbstbestimmtes und gelingendes Leben hinein.
Es muss uns gelingen, einen Rahmen zu schaffen, in dem wir die permanenten Ablenkungen der digitalen Welt (zumindest temporär) auf stumm schalten und uns mit den wesentlichen Dingen und Fragen des Lebens beschäftigen. Wenn uns dies nicht gelingt, müssen wir uns auch nicht wundern, wenn wir kollektiv verblöden.

Finde Dein Ikigai.


Noch ein abschließender Gedanke: Ich bin immer wieder verwundert, wie wenige Menschen das Ikigai-Modell kennen. Ikigai beschreibt in einem einfachen und verständlichen Bild, worum es im Kern geht.
Für ein gelingendes Leben müssen wir das in uns Entdecken, was wir gerne tun und gut können - unser Talent.
In der Außenwelt (Gesellschaft, Wirtschaft, Kunst und Kultur...) finden wir das, was die Welt braucht und wofür wir bezahlt werden können.
Je stärker sich die vier Felder überlagern, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir ein selbstbestimmtes und glückliches Leben führen, in dem wir uns entwickeln und wachsen können.
Eines muss uns aber stets bewusst sein: Unsere Welt ist dynamisch, lebendig, komplex. Und das ist gut so. Wir müssen unseren ganz persönlichen Weg finden, unser Leben zu meistern und robust zu werden, mit Veränderungen, Krisen und Problemen umzugehen. Das ist es, was ein gutes Leben ausmacht.
Wir machen einen großen Denkfehler, wenn wir glauben, dass wir das ohne Anstrengung, Leistung und Disziplin erreichen können. Gleichzeitig müssen wir aber auch Umfelder schaffen, in denen wir uns lustvoll entwickeln können. Ein Widerspruch, den wir überwinden können und müssen. Hierfür gibt es unzählige Beispiele.
Wofür bist Du Expert/in?
Stefan Hagen

September 16, 2018No Comments

Unternehmertum auf Vorarlberger Art. Gemeinsam Zukunft gestalten.

Eine gute und lebenswerte Zukunft liegt in unseren Händen. Aber wir müssen dafür kämpfen, Verantwortung übernehmen und ins Tun kommen - auf allen Ebenen unserer Gesellschaft. Zukunft wird im Hier und Jetzt gemacht.
Der Wirtschafts- und Lebensraum Vorarlberg - in dem wir leben und arbeiten dürfen - ist eingebettet in eine starke und prosperierende 4-Länder-Region. Mit viel Fleiß, Engagement und Kreativität entwickelte sich das kleine Vorarlberg in vielen Bereichen zur Vorzeigeregion. Das ist Segen und Fluch zugleich - denn der Erfolg der Vergangenheit führt häufig zu Trägheit, Selbstgefälligkeit oder übermäßiger Selbstreferenzialität in der Gegenwart.
Wir stehen vor derselben Herausforderung wie viele andere Regionen auch: Wird die Transformation in die "neue Welt" gelingen? Werden wir die großen globalen Probleme bewältigen? Können wir den ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Kollaps verhindern?

Zukunft unternehmerisch gestalten

Die Wirtschaftskammern sind in Österreich die Interessensvertretung der Unternehmerinnen und Unternehmer. In den letzten Jahren wurde dieses sozialpartnerschaftliche System immer häufiger und intensiver kritisiert - häufig zurecht. Mein Zugang zu der Frage ist pragmatisch: So lange wir keine bessere Struktur zur Bündelung der unternehmerischen Kräfte und Interesse haben, sollten wir das bestehende System sinnvoll nutzen und gemeinsam weiter entwickeln. Denn es gibt auch sehr viele positive Effekte und Erfolge, die von der Wirtschaftskammer initiiert wurden und werden - speziell hier in Vorarlberg.
Wir dürfen aktuell den partizipativen Strategieprozess "Dis.Kurs Zukunft" der Wirtschaftskammer Vorarlberg begleiten. Eine sehr spannende, herausfordernde und lustvolle Aufgabe. Für den Kick-Off wurden über 100 Unternehmerinnen und Unternehmer eingeladen, um in sieben Untergruppen zentrale Probleme zu diskutieren und Zukunftsstrategien abzuleiten.
Hier einige Eindrücke:

Der 2-tägige Auftakt des Strategieprozesses war ein voller Erfolg. Es wurde intensiv diskutiert, Perspektiven wurden ausgetauscht, Ideen weiter entwickelt und konkrete Schlüsselthemen und -projekte für die Zukunft definiert.
Nun gilt es, dran zu bleiben, den Prozess weiter in die Breite zu bringen, gemeinsam zu lernen und die Umsetzung konsequent zu verfolgen.

Unternehmertum auf Vorarlberger Art

Der Präsident der Wirtschaftskammer Vorarlberg, Hans Peter Metzler (Hotel Schiff), steht für "Unternehmertum auf Vorarlberger Art". Er steht als Person authentisch für

  • nachhaltige Entwicklung (ökonomisch, ökologisch, sozial),
  • Unternehmertum mit Geist und Haltung sowie
  • eine wertschätzende Kultur des Miteinanders.

In diesem Sinne wurde auch der Dis.Kurs Zukunft entwickelt und konzipiert: dialektisch, systemisch und nach den Prinzipien eines guten Gastgebers (Art of Hosting).

Kraftvolles Zukunftsbild

Mit Dis.Kurs Zukunft soll ein kraftvolles Zukunftsbild für den Wirtschafts- und Lebensraum entwickelt werden. Einige Aspekte dieses Zukunftsbildes sind schon relativ klar - andere müssen noch geschärft werden. Alle Beteiligten des Kick-Offs waren sich einig: Die Umsetzung kann nur gelingen, wenn möglichst viele Menschen am gleichen Strang ziehen - bei aller Vielfalt und den teils offensichtlichen Ziel- und Interessenskonflikten.
Ein markantes Zielbild wurde in der Arbeitsgruppe #digitaleInnovation ausgearbeitet: Es sollen 10.000 digitale Expert/innen ausgebildet und angezogen werden, um an digitalen Innovation und Geschäftsmodellen zu arbeiten. Denn sonst laufen wir Gefahr, in den nächsten Jahren wesentlich an Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen.
Hier ein Einblick in das Ergebnis, das an den zwei Halbtagen von den über 100 Teilnehmer/innen ausgearbeitet und am Ende der Veranstaltung präsentiert (!) wurde:

Fazit

Für gelingende Veränderung braucht es einen klaren, aufgeklärten und reflektierten Geist sowie eine mutige Haltung, den Status Quo zu verändern und zu verbessern. Ich bin sehr optimistisch, dass vieles gelingen wird, wenn wir den Prozess weiterhin so partizipativ, inspiriert und konsequent führen.
Stefan Hagen

September 2, 2018No Comments

Digitale Innovation für Menschen. 5 Herausforderungen.

Ich bin davon überzeugt, dass sich langfristig jene Produkte, Geschäftsmodelle und Dienstleistungen durchsetzen werden, die gut für Menschen sind. Denn der Markt wird transparenter, die Kunden kritischer und auch die Sensibilität für nachhaltige Innovationen (ökologisch, sozial, ökonomisch) ist gestiegen und wird hoffentlich weiter steigen.
Es gilt, die neuen digitalen und technologischen Möglichkeiten so zu entwickeln und einzusetzen, dass sie zu echtem, nachhaltigem Fortschritt führen: Digital-driven innovation for people.
In diesem Zusammenhang sehe ich für Unternehmen vor allem folgende Herausforderungen, die bewältigt werden müssen.

1. Neugierde für digitale Innovation

Wir sind zu wenig neugierig, offen und experimentierfreudig, wenn es um neue technologische Möglichkeiten geht. Umgekehrt treten wir vielen Innovationen und Trends skeptisch oder ablehnend gegenüber. Das wird sich rächen, denn es verhindert Innovation und Lernen im Ursprung.
Weltweit arbeiten Unternehmen mit Hochdruck und viel Kapital daran, Produkte, Lösungen und Dienstleistungen mit neuen technologischen Möglichkeiten effizienter, kundenfreundlicher und besser zu machen. Vor allem digitale Technologien sind in diesem Zusammenhang ein großer Hebel (siehe hierzu z.B. Thiels 4 Rules).

2. Rahmen für neue Innovationskultur schaffen

Herausragende digitale Innovation entsteht in einem kreativen, kollaborativen und ergebnisorientierten Klima. Starre Prozess- und Vorgehensmodelle (à la Stage-Gate, Wasserfall etc.) wird man bei den "digital champions" vergeblich suchen. Sie konzentrieren sich vielmehr auf ungelöste Markt- und Kundenprobleme und bearbeiten diese konsequent mit Kreativität, Konsequenz und in interdisziplinären Teams. Und vor allem: Innovation ist in diesen Unternehmen die Top-Priorität. Entsprechend werden viele Teams auch mit dem Großteil ihrer Arbeitszeit für Innovationsvorhaben abgestellt.
Führungskräfte müssen lernen zu verstehen, in welchem kulturellen Umfeld innovative Höchstleistungen entstehen können. Weniger Kontrolle, mehr Vertrauen. Weniger Mittelmaß, mehr Anspruch. Weniger Perfektionismus, mehr Improvisation.

3. Talente, Querdenker und Macher gewinnen

Eine der größten Herausforderungen stellt schon jetzt der "war for talents" dar. Und das Problem wird sich weiter verschärfen. Denn die Top-Talente können sich ihre Jobs und Projekte schon jetzt aussuchen.
Wie aber werden Unternehmen attraktiv für die besten Köpfe? Einige wichtig Aspekte sind:

  • große und motivierende Visionen
  • gute Bezahlung und leistungsorientierte Vergütungsmodelle
  • ein attraktives und kreativitätsförderndes Umfeld
  • spannende Projekte und Aufgaben
  • kompetente und ambitionierte Kolleg/innen

Damit tun sich vor allem große Industrieunternehmen schwer, denn es fällt ihnen gar nicht mehr auf, wie viele veraltete oder gar stumpfsinnige Regeln und Strukturen in ihren Organisationen Tag für Tag gelebt und aufrechterhalten werden.
Lasst den Bull**** weg und vertraut darauf, dass Menschen in kreativen, kollaborativen und professionell geführten Umfeldern ganz automatisch gut zusammen arbeiten und gemeinsam Leistung bringen.

4. Co-Kreation und Vernetzung fördern

Führungsaufgabe #1 ist es, einen Rahmen für gute Zusammenarbeit zu schaffen.
Im digitalen Zeitalter werden wir aber noch einen Schritt weiter gehen müssen. Die Aufgabenstellungen und Probleme sind häufig so vielfältig und komplex, dass wir uns in der Lösungsfindung noch stärker mit internen und externen Potenzialen vernetzen müssen. Der Co-Kreation und vertrauensvollen Zusammenarbeit gehört die Zukunft.

5. Lernen, lernen, lernen

Um die digitalen Möglichkeiten sinnvoll nutzen und einsetzen zu können, müssen wir vor allem offen für das Neue sein und werden. Kompetenz wird auch im digitalen Zeitalter aus zwei Säulen bestehen:

  • Wissen: Grundlagen, Fakten, Fachwissen, Verständnis für Zusammenhänge...
  • Können: Team- und Kommunikationsfähigkeit, Selbstorganisation, Kreativität, Kritikfähigkeit...

Meine Überzeugung ist, dass der Weg zu kontinuierlichem und lustvollem Lernen und Wachsen ausschließlich über das persönliche Ikigai führt:

© Active Health Foundation


 

Fazit

Auch im digitalen Zeitalter geht es weiterhin darum, Innovation und Fortschritt im Sinne der Menschen zu schaffen. Die Gefahr ist aber vielleicht größer denn je, dass wir dies angesichts der vielen Möglichkeiten, der disruptiven Technologien und der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Dynamik vergessen.