Dezember 5, 2020No Comments

Kompliziert vs. komplex: Eine Begriffsklärung von und mit Dr. Gerhard Wohland

Komplexität reduzieren?

Neulich hat Dagmar Terbeznik auf Twitter mit diesem Tweet eine rege Diskussion angestoßen:

https://twitter.com/CoachBerlin/status/1333674565986381824

Begriffsklarheit

Unter anderem wurde auch unser systemtheoretischer Mentor und Begleiter, Dr. Gerhard Wohland, eingeladen, sich in die Diskussion einzuklinken. Gerhard hat mich dann gebeten, in seinem Namen folgende Begriffsklärung zu veröffentlichen:

  • Ein System ist KOMPLIZIERT, wenn jede Folgeoperation zwingend oder zufällig (Zufall des Würfels) ist.
  • Ein System ist KOMPLEX, wenn jede Folgeoperation aus mehreren Möglichkeiten ausgewählt werden musste und auch anders hätte gewählt werden können. Die Auswahl ist immer eine Überraschung.
  • Ein System ist also komplex oder nicht. Ein „bisschen komplex“ geht nicht.
  • Allerdings kann die Menge der möglichen Folgeoperationen variieren (mindestens 2). In diesem Sinne kann ein komplexes System mehr oder weniger komplex sein.
  • Nur wenn in einem System weniger passieren kann als in seiner Umgebung, unterscheidet es sich von dieser. 
  • Ein System gewinnt diese reduzierte Komplexität durch die Unterscheidung von wichtig und unwichtig - also durch Ignoranz.

Diskussion

Auf dieser Grundlage möchte ich einige Diskussionsbeiträge kurz kommentieren:

Grundsätzlich stimme ich meinem Kollegen Heiko zu: "Komplexität ist". Ich würde allerdings ergänzen: Komplexität ist größer oder kleiner (auch im Sinne Ashby's "variety"). Handhabbar wird Komplexität durch Ignoranz.

Die Formulierung "selbst gebastelte Komplexität" würde ich eher nicht unterstützen. Vielleicht meint Mark die Unterscheidung zwischen der tatsächlichen und der wahrgenommenen bzw. zugelassenen Komplexität (siehe "Ignoranz")?

Interessant ist, dass Komplexität offensichtlich von vielen - wie am Beispiel des Tweets von Kai-Marian Pukall - aus der Perspektive "Mensch" betrachtet wird. Viel spannender und auch erkenntnisreicher finde ich, sich mit der Perspektive "System" auseinander zu setzen.

Wie kann man z.B. Unternehmen strukturell steuern, gestalten und entwickeln, damit sie dynamikrobuste Strukturen ausbilden können, in denen Menschen und Teams ihre Kreativität und ihr Talent zur Lösung der komplexen Problemanteile bestmöglich zur Entfaltung bringen können?

Dieses Argument wird gerade von Berater/innen sehr gerne verwendet: Komplexität kann bzw. sollte man nicht reduzieren. Dem würde ich entgegnen: Komplexität MUSS man IMMER reduzieren bzw. größtenteils ignorieren. Denn in hoher Komplexität wird man permanent überrascht - vor und nach Entscheidungen.+

Fazit

Wissenschaftlich ist das Thema geklärt. Ich denke, wir sollten demnächst (sprich noch vor Weihnachten) mal eine kleine Online-Denkwerkstatt zu dem Thema mit Gerhard Wohland machen.

Wer hat Interesse? Dann schreibst mir bitte eine kurze e-Mail.

März 12, 2020No Comments

10 Denkfehler über Organisation, die sich hartnäckig halten.

Diese Woche war Dr. Gerhard Wohland wieder mal für zwei Denkwerkstätten "Dynamikrobuste Organisation" bei uns in der Postgarage Arena zu Gast. Es war wie immer ein spektakuläres Erlebnis. Warum?

Gerhard Wohland kann das, was wir tagtäglich in Organisationen (= Sozialsysteme) erleben, scharf und präzise erklären. Mit Theorie. Dabei zeigt er einem gnadenlos auf, welche Denkfehler wir ständig machen, wenn wir Organisations- und Managementprobleme lösen wollen.

Ich habe 10 dieser Denkfehler zusammen gestellt, die sich in der Unternehmens- aber auch der Beratungspraxis hartnäckig halten, wenn es um die Gestaltung, Steuerung und Entwicklung von Organisationen geht. ACHTUNG, die Thesen könnten Sie emotional erregen oder aufregen 😜 🔥

  1. Sozialsystem ≠ Menschen: Dieser Gedanke ist für viele nur schwer zu packen. Eine Organisation besteht nicht aus Menschen. Vielmehr zählen Menschen zur Umwelt der Organisation. Wenn wir die beiden Faktoren System <> Mensch im Denken nicht sauber auseinander halten, können wir die Sozialsysteme und ihre Wirkmächtigkeit auf das Denken, Fühlen und Handeln von Menschen nicht verstehen.
  2. Wirtschaft ≠ romantisch: Die meisten modernen Konzepte über Organisation, Führung und Innovation enthalten romantische Ideen über Wirtschaft. Implizit wird unterstellt, dass in der Wirtschaft jene erfolgreich sind, die besonders freundlich, menschlich oder sinnorientiert agieren. Dem ist aber nicht so. Wirtschaft ist wie Feuer, das sich angenehm anfühlt, wenn man es - im übertragenen Sinne - im Ofen hat. Wenn Unternehmen aber zu nahe ans Feuer kommen, werden sie gnadenlos verbrannt. Das Feuer kann nicht die ethisch-moralisch WERTvollen von den anderen Unternehmen unterscheiden. Denn Sozialsysteme haben kein Bewusstsein, keinen Körper und somit auch keine Emotion. Das haben nur Menschen.
  3. Kultur ≠ gestaltbar: Wir betrachten Organisation und deren Kultur (= emotionales Gedächtnis) als Gestaltungsgegenstand. Das kann man so machen, ist aber ein Denkfehler. Denn Kultur kann man nicht entwickeln, man kann sie nur beobachten (Kultur = Lernumgebung). Menschen (insbesondere Führungskräfte) können in Unternehmen Entscheidungen treffen und dann beobachten, ob dies eine konstruktive Wirkung auf die gelebte Kultur haben. Das Entscheidende bei der Kultur - nämlich die Wertekultur auf der "Hinterbühne" - kann man aber niemals direkt beeinflussen (und auch nicht auf Anhieb erkennen, geschweige denn verstehen).
  4. Probleme ≠ schlecht: Wir verbinden den Problembegriff häufig mit etwas Negativem - deshalb dürfen wir nur noch "Herausforderung" sagen. In Organisationen ist es aber essenziell wichtig, die relevanten Probleme (vor allem die Marktprobleme in der externen Referenz) zu verstehen und die Organisation darauf auszurichten. Die Krux: Das, was wir meistens als Problem wahrnehmen, hat mit den eigentlich zu lösenden Problemen nichts oder nur wenig zu tun. Dynamikrobuste Höchstleister lösen Probleme. Eines nach dem anderen.
  5. Kompliziert ≠ komplex: Wir verwenden im Alltag die beiden Begriffe häufig synonym. Die Unterscheidung kompliziert (= blau) <> komplex (= rot) ist aber entscheidend, um das zu verstehen, was wir häufig mit VUCA beschreiben - nämlich die "neue Welt", mit der Unternehmen konfrontiert sind.
  6. Wissen ≠ Können: Wir vermischen die Problemanteile, die wir mit Wissen (= blau) lösen können und jene, die zwingend Können (= rot) erfordern. Wissen kann dokumentiert und reproduziert werden (z.B. in Prozessen oder Methoden). Können erfordert immer Menschen mit Talent, die ihre spezifischen Fähigkeiten und Ideen auf die komplexen Problemanteile anwenden. Dynamikrobuste Höchstleister haben das Wissen UND das Können, um sich rasch an Veränderungen anzupassen und Marktprobleme intelligenter, kreativer, effektiver und schneller zu lösen. Das ist ihre Kompetenz (= wissen + können).
  7. Management ≠ altmodisch: Viele plädieren heutzutage dafür, dass wir wieder mehr führen (eng. Leadership) und weniger managen sollen. Denn Management ist schlecht und böse. 😤 Das kann zu einem fatalen Denkfehler führen. Denn Management ist nichts anderes als eine Systemfunktion, nämlich die eine Einheit der Unterscheidung von steuern (= blau, erfordert Macht) und führen (= rot, erfordert Ansehen). Unternehmen, die sich in dynamischen Märkten bewegen, benötigen mehr denn je gutes und richtiges Management (= steuern + führen) - ganz im Sinne von Peter F. Drucker.
  8. Macht ≠ böse: Wenn die Steuerung in Unternehmen versagt, ist der Untergang vorprogrammiert. Steuerung ist dort notwendig und möglich, wo ausreichend Wissen vorherrscht, um richtige Entscheidungen zu treffen. Dies ist nach wie vor in vielen (den meisten) zu entscheidenden Situationen der Fall. Dort hingegen, wo Wissen fehlt, braucht es "Meister" (m/w) mit Talent, die Lösungsprozesse provozieren, anstoßen und moderieren. Macht und die damit verbundene Steuerung wird dadurch aber nicht obsolet - ganz im Gegenteil. Sie muss nur erkennen, wo sie sich raus halten muss - nämlich bei den komplexen, roten Problemen.
  9. Chaos ≠ Dynamik: In der Praxis fühlen sich Chaos und Dynamik gleich an - es handelt sich aber um Phänomene mit völlig unterschiedlichem Ursprung. Chaos in Unternehmen kann durch Wissen, Ordnung, Disziplin und Steuerung eliminiert werden. Vom Markt ausgelöste Dynamik hingegen kann nur mit Talent, guten Ideen und Kreativität bekämpft werden.
  10. Erfolg ≠ Methode: Vor gut 200 Jahren hat die Ära der Industrialisierung langsam aber unaufhaltsam begonnen. Dadurch konnte die Produktivität in der Wirtschaft und damit der Wohlstand auf der Welt signifikant gesteigert werden. Im Kern hat Taylor mit seiner Idee des Scientific Management dafür gesorgt, dass die menschliche Kreativität schrittweise aus Organisationen verbannt wurden. Menschen mussten im System "funktionieren", das hat zum Erfolg von Unternehmen geführt. Menschen waren Teil einer Organisations-Methode, die im Wesentlichen auf stabilen Funktionen, Prozessen und konsequenter Steuerung beruhten. Dieses Prinzip hat sich unbemerkt in unser Bewusstsein und unsere Denkweise eingebrannt. Wir suchen überall nach blauen Methoden und Rezepten, WIE wir erfolgreich sein können. In einer zunehmen dynamischen Welt braucht es aber wieder mehr rote Kreativität und Könnerschaft. Wir müssen die Frage nach dem WIE? durch WER? ersetzen.

Ich freue mich schon auf eine anregende Diskussion zu den Thesen.

Wenn Sie sich für Dynamikrobuste Organisation interessieren, freue ich mich über Ihre Kontaktaufnahme. Die Termine der nächsten Denkwerkstätten mit Dr. Wohland kommunizieren wir regelmäßig über unseren Newsletter.

Stefan Hagen

März 4, 2020No Comments

Gute Geschäfte. Good Business.

Eine der Schlüsselfragen der Philosophie ist die Frage nach dem guten Leben. Entsprechend sollte die handlungsleitende Frage in der Wirtschaft des 21. Jahrhunderts jene nach dem guten Geschäft sein. Ein romantischer Gedanke?

Wirtschaft neu denken.

Auszug aus dem Buch "Quantenwirtschaft" des Wirtschaftsphilosophen Anders Indset:

Wir benötigen eine echte Aufklärung, eine Renaissance der Denker. Aber um Gesellschaft weiterzuentwickeln, braucht es zudem eine ökonomische Motivation, einen neuen Fortschrittsmotor.

Dieser Gedanke hat's in sich. Warum?

  • Wir müssen Wirtschaft völlig neu denken. Aber wirklich.
  • Wirtschaft ist der Schlüssel, um Gesellschaft zukunftsfähig zu gestalten.
  • Profitstreben und ökonomische Motivation ist nicht per se etwas Schlechtes.
  • Wirtschaft ist und bleibt der Fortschrittsmotor. Die große Frage ist, wie diese unbändige Kraft für wirklich nachhaltige Lösungen eingesetzt - fast schon instrumentalisiert - werden kann?

Soweit so gut. Warum haben wir aber trotzdem den Eindruck, dass uns das nicht so richtig gelingt? Überhaupt nicht. Der Grund liegt in unserer humanistischen Prägung. "Was?", werden Sie jetzt vielleicht denken. Ja.
Wir verwechseln Wirtschaft (= Sozialsystem) permanent mit Menschen (= bio-psychologische Systeme). Wir glauben, dass das Verhalten der Wirtschaft etwas mit Moral zu tun hätte. Hat es aber nicht. Wirtschaft ist moralisch dicht. Nur Menschen können Moral empfinden und moralisch handeln - die Wirtschaft kann es nicht. Sehr wohl aber können Menschen, die ihre Werte leben, wirtschaftliche Realitäten verändern. Das sind dann echte Unternehmerpersönlichkeiten, denen andere Menschen folgen (wollen).
Der eigentliche Hebel zu einer besseren (Wirtschaft)Welt sind harte Gesetze, Normen und Regeln, die menschliches Verhalten regulieren, beschränken und in gewissen Kontexten sogar determinieren. Nur so kommen wir zu einer nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft. Spätestens jetzt sollte alle Romantik verflogen sein. 😉
Damit ich nicht missverstanden werde: Ich bin ein strikter Gegner von zu starker politischer Einflussnahme in unternehmerisches Wirken. Dort, wo Wirtschaft aber reguliert werden muss, muss die Einflussnahme umso intelligenter, klarer und wirkungsvoller sein. Die DSGVO ist ein aktuelles Musterbeispiel, wie es nicht geht. Katastrophal.
These 1: Es braucht harte strukturelle und regulatorische Maßnahmen, um zu einer nachhaltigen, zukunftsfähigen und guten Wirtschaft zu kommen.

Verantwortungsvolles Unternehmertum.

Bereits im 12. Jahrhundert wurde in Europa nachweislich das Leitbild des ehrbaren Kaufmanns in Kaufmannshandbüchern gelehrt. Leider haben wir diesen Gedanken und die damit verbundenen Prinzipien in vielen Bereichen verloren. Im Kern ist damit verantwortungsvolles Handeln der Teilnehmer/innen des Wirtschaftssystems gemeint. Ein Plädoyer, nicht nur für den Fortbestand und die Entwicklung des Unternehmens im engeren Sinne Verantwortung zu übernehmen, sondern auch für die Mitarbeiter/innen, Kunden, Lieferanten und sogar Wettbewerber sowie die Gesellschaft und Umwelt im größeren Sinne.
Da steckt alles drinnen. Wir müssen diese Wirtschaftsphilosophie nur wieder bewusst machen, tief verinnerlichen und unser Handeln und Entscheiden danach ausrichten.
These 2: Menschen, die in der Wirtschaft verantwortungsvoll und mit Weitblick handeln und entscheiden, können einen Unterschied machen. Immer.

Gute Geschäfte aufbauen und entwickeln.

Abschließend möchte ich noch fünf Schritte skizzieren, wie ein/e verantwortungsbewusste/r Unternehmer/in ein gutes Geschäft aufbauen und entwickeln kann?

  1. Markt - MÜSSEN: Was braucht die Welt? Was sind tiefer liegende Kundenbedürfnisse aber auch Notwendigkeiten im übergeordneten Sinn (gesellschaftlich, ökologisch, technologisch...), die für unser Geschäft handlungsleitend sind? Welche Probleme auf der Welt (= Zustand, den man nicht ignorieren kann) wollen wir lösen?
  2. Identität - SEIN: Wer bin ich? Wer sind wir? Was macht uns aus? Welche spezifischen Qualitäten, Kompetenzen und Fähigkeiten haben wir, die uns ausmachen?
  3. Ambition - WOLLEN: Was sind unsere echten Werte, Leidenschaften und Prinzipien? Was wollen wir auf der Welt bewirken? Wofür sind wir bereit zu kämpfen?
  4. Mitstreiter - WER: "Get the right people on the bus, first." (Jim Collins) Wer hat "Bock" auf das, was wir tun? Wer will den Weg gemeinsam mit uns gehen? Wer geht mit unserem Geschäft in Resonanz?
  5. Produkte - WAS, WIE: Welche konkreten Produkte und Leistungen wollen wir anbieten, mit denen sich (gutes) Geld verdienen lässt, die unserer Unternehmensphilosophie entsprechen und die einen messbaren Beitrag zur Problemlösung (im engeren und weiteren Sinne) auf der Welt leisten?

Ist doch eigentlich ganz einfach, nicht?
These 3: Gute Geschäfte aufzubauen ist einfach. Man muss nur die Muster dahinter verstehen und vor allem konsequent danach handeln. Das erfordert eine entsprechende Geistes-Haltung.

Ich werde das Thema "Good Business" in den nächsten Wochen noch etwas weiter beleuchten. Freue mich schon auf den kritisch-konstruktiven Austausch!
Stefan Hagen

Dezember 20, 2019No Comments

Dynamikrobuste Organisation für eine neue Zeit

Dynamik beschreibt die Menge der Überraschungen, die ein Unternehmen aushalten muss. Diese Dynamik hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. Herzlich willkommen in der VUCA Welt. Und das ist erst der Beginn. Es gilt, sich strategisch, strukturell und personell für das neue Zeitalter fit zu machen.

Was aber ist zu tun? New Work? Agiles Management? Holacracy? Reinventing Organizations? Ein Kulturprojekt? Oder doch lieber Working Out Loud? All das kann helfen, muss es aber nicht. Unsere Empfehlung: Beschäftigen Sie sich grundlegend und theoriebasiert mit der Funktionsweise von Organisationen. Nur so kann man das Problem von der Wurzel aus angehen und Rahmenbedingungen schaffen, um ein dynamikrobuster Höchstleiter zu werden.

Theorie bringt Klarheit im Denken

"Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie." Dieses Zitat wird u.a. Immanuel Kant zugeschrieben. Und es ist vielleicht relevanter denn je. Denn bei zunehmender Komplexität und Dynamik sind Methoden und Patentrezepte wirkungslos. Warum?

  • Wir sind es gewohnt, Probleme mit der Frage nach dem WIE zu lösen. In hoher Komplexität und Dynamik ist die Frage WER die entscheidende.
  • Methoden können nur dann funktionieren, wenn der jeweilige Kontext gleich oder zumindest ähnlich sind. Bei hoher Dynamik sind Kontexte aber immer sehr spezifisch.
  • Auf komplexe Probleme kann man nur mit Kreativität und Vielfalt wirkungsvoll reagieren. "Only variety can absorb variety." (W. Ross Ashby)

Der Organisationssoziologe Prof. Dr. Stefan Kühl bringt die Relevanz und Notwendigkeit guter Theorie wie folgt auf den Punkt: "Mein Ansatzpunkt als Berater ist: man muss extrem genau begreifen, wie eine Organisation funktioniert, um überhaupt sinnvolle Interventionspunkte identifizieren zu können."

Institut für Dynamikrobuste Organisation

Seit September ist Hagen Management Mitglied des Instituts für Dynamikrobuste Organisation, welches von Dr. Gerhard Wohland und Ralf Hildebrandt gegründet wurde. Wohland - 73-jähriger Physiker - zählt in Europa zu den führenden Experten in funktional-orientierter Systemtheorie. "Gute Theorie ist nicht das Gegenteil von Praxis", um es mit Dr. Wohland's Worten auf den Punkt zu bringen. Vielmehr ist Theorie notwendig, um Organisation besser zu verstehen, zu steuern und zu entwickeln.
Gemeinsam mit dem Institut für Dynamikrobuste Organisation planen wir im kommenden Jahr diverse Veranstaltungen, Denkwerkstätten und eventuell auch eine kleine Konferenz. Wir halten Sie diesbezüglich auf dem Laufenden.

April 14, 2019No Comments

Gefühle und Organisationen.

Es ist modern geworden, mehr Menschlichkeit in Organisationen - insbesondere in der Wirtschaft - zu fordern. Schließlich wollen wir doch alle zusammen nett zueinander sein. Wir wollen zu unserem humanistischen Welt- und Menschenbild stehen. Wir wollen das Gute. Dagegen ist soweit nichts einzuwenden.
Führungskräfte sollen authentisch, menschlich und empathisch sein - und natürlich sollen sie Gefühle zeigen und zulassen. Und noch besser: Die Führungskräfte sollen sich selbst abschaffen, damit wir endlich ohne Chef/in und ganz demokratisch zusammen arbeiten können. Das alles klingt auf den ersten Blick vernünftig und fortschrittlich, wird aber nicht in der Breite funktionieren.
Ich möchte meine Argumentation in drei Schritten aufbauen:

  1. Was ist eine "Organisation"?
  2. Welchen Einfluss hat der spezifische Kontext einer Organisation?
  3. Wie kommen in Organisationen Entscheidungen zu Stande?

Organisationen

Wir leben in einer organisierten Welt. Unsere Gesellschaft wird immer mehr ausdifferenziert, in verschiedene Subsysteme (Wirtschaft, Recht, Bildung, Gesundheit, Soziales...) und Organisationen.
Die funktionale Systemtheorie definiert drei wesentliche Merkmale von Organisationen:

  • Mitgliedschaft: Organisationen können über ihre Mitgliedschaft entscheiden. Wer gehört dazu und wer nicht? Wer darf eintreten - wer muss die Organisation verlassen? So schafft die Organisation Grenzen, in denen sich die Mitglieder der Organisation den damit verbundenen Regeln unterwerfen. Es steht die Drohung im Raum, dass die Mitgliedschaft gekündigt wird, wenn die Regeln nicht eingehalten werden.
  • Zweck: Organisationen brauchen einen Zweck, durch den ihre Funktion im übergeordneten System (z.B. Wirtschaft) definiert wird. Je besser der Zweck erfüllt wird, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Organisation dauerhaft überlebt. Im Sozialsystem Wirtschaft muss der Zweck mit wettbewerbsfähigem Gewinn erbracht werden - sonst verschwindet das Unternehmen. Es ist modern geworden, diesen Zweck emotional aufzuladen (WHY? Sinn? Purpose? Passion?). Das kann helfen, die Anziehungskraft und Konformität der Organisation zu erhöhen.
  • Hierarchie: In der demokratischen Gesellschaft verlieren Hierarchien stetig an Bedeutung. Die Zeit, in denen sich Gesellschaften strikt hierarchisch organisieren konnten, sind (glücklicherweise) vorbei. Im Gegensatz dazu sind Organisationen (z.B. Unternehmen) in der Regel als Hierarchien organisiert. Hierarchie ist wichtig, um Entscheidungen treffen zu können.

Die Forderung nach mehr Menschlichkeit ist häufig implizit mit der Abschaffung bzw. Reduktion formaler Hierarchie (= Macht) verbunden. Es gibt natürlich Kontexte, in denen sich ein Weniger ein Struktur und Hierarchie bewährt - besonders was die Entwicklung menschlicher Potenziale angeht. Und natürlich gibt es auch Kontexte, in denen Selbstorganisation und Entscheidungsautonomie sehr gut funktionieren können. Dies sind aber eben nur bestimmte Kontexte. Umso mehr sollten wir dafür kämpfen, dass in diesen Kontexten möglichst wenig formale Organisation das Denken und Handeln einschränkt oder determiniert.

Kontext

Damit Organisationen ihren Zweck / ihre Funktion erfüllen können, müssen sie dem Umfeld einen Nutzen stiften. Wenn dies gut gelingt, ist beispielsweise ein Unternehmen sehr gut an den Markt angepasst (z.B. durch erfolgreiche Innovation), es erwirtschaftet satte Erträge, handelt bestenfalls auch sozial und ökonomisch verträglich, und das Betriebsklima ist bestens. Was aber passiert, wenn der Kontext sich ändert?
Die Gefühlslage in Organisationen hängt entscheidend vom spezifischen Kontext ab. Wie stellt sich der Markt dar? Wie erfolgreich ist das Unternehmen aktuell? Wie groß ist das Unternehmen? Was macht der Wettbewerb? Wie lange gibt es das Unternehmen schon?

Entscheidungen

Organisationen müssen selbst über ihre Zwecke, Hierarchien und Mitgliedschaften möglichst weitgehend entscheiden können. Nur so kann eine eigene Identität entstehen.
Die Forderung nach mehr Menschlichkeit geht einher mit der Forderung nach mehr Entscheidungsautonomie. Auch hier gilt (ähnlich wie bei der Hierarchie): Das kann sehr gut funktionieren, aber eben nur in bestimmten Kontexten.
In der Systemtheorie (Simon, Luhmann etc.) gibt es drei wesentliche formale Entscheidungsprämissen, die den Spielraum festlegen, innerhalb dessen bestimmte Mitglieder der Organisation frei entscheiden können. Dies sind:

  • Programme: In der Alltagssprache würde man Programme mit den "Regeln" einer übersetzen. Man kann zwischen Konditionalprogammen (Bedingungen <> Konsequenzen) und Zweckprogrammen (Ziele <> Mittel) unterscheiden. Strategien, Prozess- und Qualitätsvorgaben und Organisationshandbücher fallen in diese Kategorie. Programme machen überall dort Sinn, wo die Organisation mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit weiß, was sie zu erwarten hat (= geringe Dynamik).
  • Kommunikationswege: Entscheidungsprämissen werden durch Kommunikationswege definiert, in denen geregelt ist, wer in der Hierarchie bestimmte Entscheidungen zu treffen hat. Die formale Struktur (mit ihren asymmetrischen Über-/Unterordnungen und symetrischen Gleichordnungsverhältnissen) bildet für den jeweiligen Inhaber einer Stelle die Prämisse seiner Entscheidung - unabhängig von der Person des Stelleninhabers.
  • Personen: Eine der typischen Paradoxien in Organisationen ist die Tatsache, dass die Mitglieder prinzipiell austauschbar sind, sich die konkreten Personen aber in der Praxis als nicht (einfach) austauschbar erweisen. Denn natürlich können einzelne Personen in Organisationen einen großen Unterschied machen. Entsprechend sind Personen (einzeln oder in Gruppen) überall dort wichtige Entscheidungsprämissen, wo Entscheidungen in hoher Dynamik und großer Unsicherheit getroffen werden müssen.

Fazit

Ich kann die Forderung nach mehr Menschlichkeit natürlich nachvollziehen. Jede/r möchte in Organisationen gut und wertschätzend behandelt werden, sich bei der Arbeit in seinen / ihren Fähigkeiten und Talenten entfalten und im wahrsten Sinn des Wortes etwas Sinnvolles beitragen.
Die Art und Weise, wie die Diskussion geführt wird, empfinde ich in höchstem Maße moralisierend und emotional aufgeladen. Wir brauchen umgekehrt mehr Vernunft und gute Theorie, um Fortschritte in Gesellschaft, Wirtschaft, Politik, Ökologie etc. zu erzielen.
In einer zunehmend komplexen und unsicheren Welt MÜSSEN die meisten generellen Aussagen, die wir über Organisationen tätigen, zwangsläufig falsch sein. Denn es kommt immer häufiger auf den spezifischen Kontext an, ob etwas gelingt oder nicht. Entsprechend müssen wir lernen, viel differenzierter zu denken und zu argumentieren - bestenfalls auf der Grundlage von Fakten oder guter Theorie - und weniger auf der Grundlage persönlicher Gefühle oder Erfahrungen.
Organisationen werden dann für Menschen besser, wenn

  • wir lernen, sie besser (mit Theorie) zu verstehen,
  • wir sie nüchtern und möglichst objektiv beobachten und
  • auf dieser Grundlage bessere Entscheidungen treffen.

Stefan Hagen
 
Tipps und Lesestoff:

Februar 16, 2019No Comments

Organisation klar denken.

Es ist immer wieder erstaunlich, welche wirren Meinungen und Annahmen vorherrschen, wenn es um Organisation, Management und Zusammenarbeit geht. Angeheizt werden diese Diskussionen durch aktuelle Modebegriffe wie New Work, Agilität, Digitalisierung, VUCA, Kulturwandel etc. pp.

Viel Blah-Blah, wenig Substanz.

Plötzlich scheint jeder und jede eine Ideen zu haben, was in Sachen Organisation zu tun ist. Ein Gedanke ist aber noch lange keine gute Idee - eine Meinung noch lange kein fundiertes Argument. Dies gilt in besonderem Maße für Themen der Unternehmensorganisation.
Immer wieder sind dieselben Stehsätze zu hören:

  • „Wir müssen agiler werden.“
  • „Wir müssen unser Unternehmen digital transformieren.“
  • „Wir müssen unsere Kultur entwickeln.“
  • „Wir müssen New Work einführen, damit die Arbeit für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder Sinn macht.“
  • „Wir müssen wieder menschlicher werden.“

Für die meisten Menschen klingt das sehr logisch und moralisch erstrebenswert. Aus organisationstheoretischer Sicht handelt es sich aber meist um leere Worthülsen.

Stefan Kühl

Ein in diesem Zusammenhang genialer Denker ist der Soziologe Prof. Stefan Kühl. Ihm gelingt es immer wieder, mit viel Wissen und Humor die Denkfehler zu entlarven, die wir in der Praxis häufig machen.
Ich empfehle Ihnen, diesen ca. 45-minütigen Vortrag in Ruhe anzuschauen.

Themen des Vortrags sind:
1. Worum geht es bei „New Work“ eigentlich?
2. Probleme der neuen Ansätze
3. Organisationskonzepte sind wie Sprichwörter
4. Auf- und Niedergang von Organisationskonzepten
5. Ausblick, was zu tun ist
Einige Kernaussagen des Vortrags sind:

  • Moderne Managementkonzepte und -moden folgen immer derselben Rezeptur:
    1. Hierarchie abschaffen
    2. Abteilungen und Silos auflösen
    3. Zurücknahme der Formalisierung (und damit „Humanisierung“ von Unternehmen)
  • Neue Managementkonzepte verschärfen häufig folgende Probleme:
    • Identitätsproblem: Effekte, die sich durch das Ausbilden autonomer Einheiten ergeben
    • Politisierungsproblem: Verschärfung von Machtkämpfen, die sich durch die Zurücknahme von Hierarchie ergeben
    • Komplexitätsproblem: Herausforderungen explodierender Komplexität, die sich durch neue (freiere) Kommunikationsformen ergeben
  • Managementkonzepte funktionieren wie Sprichwörter: Zu jedem Sprichwort gibt es auch ein gegenteiliges Sprichwort, das irgendwie auch plausibel klingt.
  • Es gibt keine optimale Form der Organisation.

Stefan Hagen
 
 

Juni 23, 2018No Comments

Connected company. Es geht um gute Beziehungen – analog und digital.

Organisation der Zukunft: Es geht ums Funktionieren.

Die Organisation der Zukunft muss exzellent funktionieren, um überlebensfähig zu sein. Funktionierende Organisationen

  • haben schlanke, effiziente und automatisierte Prozesse und Abläufe,
  • sie erzeugen Produkte und Dienstleistung, die für den Markt von Wert sind,
  • sie sind anpassungs- und lernfähig und
  • sie sind in der Lage, die Komplexität und Dynamik des Umfeldes chancenorientiert zu nutzen (und nicht dagegen anzukämpfen).

Die Anforderungen an Organisationen werden weiter steigen, denn die Dynamik und der damit verbundene Wettbewerbs- und Innovationsdruck werden weiter zunehmen. You can't stop the waves - but you can learn to surf.

Organisationsdesign der Zukunft: Connected.

Das Organisationsmodell des Industriezeitalters war hierarchisch, funktional und prozessorientiert. Dieses Organisationsmodell wird es auch im digitalen Zeitalter geben (und brauchen) - aber es muss ergänzt werden durch dynamische Netzwerke - analog und digital. Die Connected Company integriert stabile und netzwerkartige Strukturen.
Hier ein kleines Denkangebot zur "connected company":

Hierarchie UND Netzwerke

Die Idee der "connected company" mag trivial klingen - in der Praxis handelt es sich aber meist um einen tiefgreifenden Paradigmenwandel. Denn wir sind größtenteils sozialisiert in starren, hierarchischen Systemen, die in vielen Aspekten Vernetzung und emergierende Komplexität verhindern (wollen).
Peter Kruse hat in dieser Interviewsequenz treffend beschrieben, dass wir uns häufig nicht gewöhnt sind, in heterarchischen Netzwerken zu denken und zu arbeiten.

Fazit

Um Unternehmen hin zur Connected Company zu entwickeln, müssen wir

  • mit uns selbst in guter Beziehung sein,
  • mit anderen gute Beziehungen pflegen,
  • enge Beziehungen zu unserem (Markt)Umfeld aufbauen.

Analoge und digitale Wege der Vernetzung sollten sich ergänzen und unterstützen.

Juni 14, 2018No Comments

We're disconnected.

Otto Scharmer ist Professor am MIT in Boston. Seine Publikationen zur Gestaltung von Wandel und Veränderung (insbesondere seine Theory U) haben in den letzten Jahren eine breite Anhängerschaft gefunden.
Von ihm stammt auch eines der für mich inspirierendsten Videos zu gelingender Veränderung. 25 Minuten, die sich lohnen!

Die für mich zentralen Botschaften sind:

  • Das größte Problem unserer Zeit: We're disconnected.
  • Wir haben die Verbindung
    • zu uns selbst (spiritual divide),
    • zu anderen Menschen in unserem Umfeld (social divide)
    • und zur Welt in einem größeren Kontext (ecological divide) verloren.

Let's connect.
 

Mai 27, 2018No Comments

Organisationsmuskel trainieren: 5 Ansatzpunkte zur organisationalen Fitness.

Das wirtschaftliche und gesellschaftliche Umfeld von Unternehmen verändert sich rasch und grundlegend - tiefgreifende Transformationsprozesse sind im Gange. Soweit keine neue Erkenntnis. Eines ist klar: Unternehmen müssen gerüstet sein, um mit der zunehmenden Dynamik, Komplexität und Marktintensität erfolgreich umzugehen. Sonst werden sie vom Markt verschwinden.
Aktuell wird viel über Veränderung und Wandel geschrieben und gesprochen. Das ist notwendig, um die verschiedenen Aspekte des Wandels besser zu verstehen und möglichst fakten- und datenbasiert relevante Entwicklungen zu analysieren. Immer häufiger verlieren wir uns aber in nutzlosem Geschwafel - jede/r Diskussionsteilnehmer/in meint, eine noch bessere Idee zu haben.
Damit in Organisationen strategische, strukturelle und kulturelle Veränderungen passieren, muss man etwas MACHEN. Nur durch neues Tun können sich Organisationen weiter entwickeln und verbessern.
Wir vergleichen Unternehmensentwicklung mit einem Organisationsmuskel, der bewusst trainiert werden muss. Warum diese Metapher?

  • Organisationen sind vergleichbar mit einem lebendigen Organismus.
  • Ein Organismus wird ausschließlich durch gezieltes Training stärker und widerstandsfähiger.
  • Regelmäßiges Training erfordert, vor allem am Beginn, Überwindung, Anstrengung und Konsequenz.
  • Muskeln wachsen einzig und allein durch TUN, nicht durch Reden und Konzepte schreiben.
  • Es braucht einen regelmäßigen Trainingsrhythmus, der mit der Zeit eine Selbstverständlichkeit für die Organisation darstellt.
  • Je stärker der Organisationsmuskel, umso wettbewerbs- und anpassungsfähiger ist ein Unternehmen.

Übrigens: Der Begriff Training wird in der Praxis häufiger für den Faktor Mensch (= Personalentwicklung) verwendet. Wir verwenden ihn in diesem Zusammenhang für den Faktor Organisation (= Organisationsentwicklung). Selbstverständlich bringen erfolgreiche, dynamikrobuste Unternehmen die Faktoren Mensch <> Organisation in Einklang.

5 Ansatzpunkte zur organisationalen Fitness

Wir stellen häufig fest, dass das Thema Organisation auf der Prioritätenliste von Führungskräften eine untergeordnete Rolle spielt. Das halten wir für einen großen Fehler. Denn durch ein bewusstes Lenken, Gestalten und Entwickeln des strategischen, strukturellen und kulturellen Rahmens (= St. Galler Managementverständnis) wird Zusammenarbeit in Unternehmen organisiert. Nicht erst seit Reinhard Sprenger wissen wir:

"Führungsaufgabe #1 = Zusammenarbeit organisieren."

Fünf konkrete Ansatzpunkte, wie die organisationale Fitness in Unternehmen gesteigert werden kann:

  1. Probleme: Der Problembegriff ist in vielen Unternehmen praktisch verschwunden. Wenn, dann dürfen wir Probleme maximal als "Herausforderungen" bezeichnen. Das birgt eine Gefahr. Denn Unternehmen sind dazu da, Probleme des Marktes zu lösen! Dynamikrobuste Unternehmen richten sich konsequent an den Problemen des Marktes (= externe Referenz) aus. Möglichst viele Mitglieder der Organisation sollen die Probleme des Marktes sehen, spüren und sich an den wertschöpfenden Prozessen beteiligen. Alle Pseudo-Probleme werden weggelassen.
  2. Geisteshaltung: Egal, wie schwierig eine Situation auch ist - wir haben immer die Wahl: Wir können uns über darüber beklagen oder das Thema konstruktiv und positiv angehen. Sportler/innen oder Sportteams entscheiden sich konsequent für letzteres. Organisationale Fitness entsteht nur, wenn eine "winning culture" von der Führung vorgelebt wird.
  3. Zusammenarbeit: Die leistungsfähigsten Unternehmen stellen interdisziplinäre Teams zusammen, die komplexe Aufgabenstellungen gemeinsam lösen. Gleichzeitig achten sie aber darauf, individuelles Talent nicht zu nivellieren, sondern dieses gezielt zu nutzen. Vergleichbar mit einem Sportteam, das eine gute Balance zwischen Einheit und Individualität wahrt.
  4. Struktur: Die Struktur des Unternehmens ist vergleichbar mit der Ausstattung und Gestaltung des Trainingsraumes. Es werden die richtigen Fitnessgeräte in der richtigen Reihenfolge angeordnet. Auch hier gilt, dass ein gesundes Maß zwischen Struktur und Freiheit gefunden werden muss. IT Systeme zur Lenkung und Unterstützung von Prozessen sind in diesem Zusammenhang von zunehmender Bedeutung. Durch den gezielten Einsatz können Informationen transparent zur Verfügung gestellt, Prioritäten und Standards effektiv kommuniziert und Leistungserstellungsprozesse gezielt unterstützt werden.
  5. Führung: Moderne Führung muss vor allem drei Dinge sehr gut beherrschen: Beobachten, Wahrnehmung durch Kommunikation fokussieren und Entscheidungen treffen - vergleichbar mit einem guten Coach eines Sportteams. Diese Form der Führung beherrscht vor allem den Wechsel von Prozessmustern
    • offen <> geschlossen
    • demokratisch <> hierarchisch
    • bottom up <> top down
    • unterstützen <> steuern
    • ...

Fazit

Organisationen werden nur durch bewusstes TUN stärker und wettbewerbsfähiger. Dies sollte auch der Anspruch sein: Immer besser, innovativer, konsequenter. Oder wie es Oli Kahn einmal ausgedrückt hat: "Weiter, immer weiter..."
Wir müssen endlich aufhören, Wirtschaft als etwas Romantisches anzusehen, bei der es in erster Linie um Menschen geht. In der Wirtschaft geht es nicht um Menschen - denn Wirtschaft ist moralisch dicht (vgl. Gerhard Wohland). Es geht in der Wirtschaft darum, Marktprobleme möglichst gut zu lösen.
NATÜRLICH muss unser Anspruch sein, wirtschaftliche Handeln in Einklang mit sozialen und ökologischen Werten zu bringen. Wir dürfen nur niemals vergessen: Im System Wirtschaft werden nur jene Unternehmen überleben, die Probleme ihrer Umgebung wirkungsvoll und innovativ lösen: Die starken, leistungsorientierten und anpassungsfähigen Unternehmen.
Wenn wir uns auf das innovative Beheben von Marktproblemen konzentrieren, versetzen wir Unternehmen erst in die Lage, sichere und gute Arbeitsplätze für Menschen anbieten zu können. Die umgekehrte Logik ist ein Denkfehler.
Stefan Hagen
 
 

Mai 5, 2018No Comments

Die Organisation der Zukunft erzeugt intelligente Netzwerke.

Prof. Peter Kruse (1955-2015) war ein großer Denker, Methodiker und Systemtheoretiker. Über viele Jahre hinweg hat er mich inspiriert und intellektuell angeregt. Ich hätte ihn sehr gerne mal persönlich kennen gelernt.
In diesem legendären Interview spricht Peter Kruse u.a. auch über intelligente Netzwerke in Organisationen. Das Interview ist vollgepackt mit essentiellen Erkenntnissen über indirekte Variablen in Organisationen und wie diese erzeugt werden können. Hier können Sie das vollständige Transkript des Interviews herunter laden.
Unternehmenskultur, Kreativität in Teams oder gelebte Agilität sind indirekte Variablen, die niemals direkt erzeugt werden können. Vielmehr müssen wir uns die richtigen Fragen stellen und versuchen, entsprechende Kontextbedingungen in Organisationen zu erzeugen - durch Beobachtung, Kommunikation und Entscheidungen.
7:30 Min, die sich lohnen: