August 11, 2018No Comments

Die Zukunft gehört den Denkern, die Dinge hinterfragen.

Mein letzter Blogbeitrag hat bei LinkedIn zu einigen Reaktionen geführt. Das habe ich erwartet - denn die Kernaussage war zugegebenermaßen einseitig und hat dadurch wohl den einen oder anderen provoziert. Heute möchte ich die Antithese aufstellen.

Widersprüchliche Zeiten

Wir wissen nicht erst seit VUCA (volatility - uncertainty - complexity - ambiguity), dass wir in widersprüchlichen Zeiten leben. Das, was in der einen Situation (vermeintlich) richtig ist, ist in der anderen Situation genau falsch. Es kommt halt drauf an...
Genau dieses Denken und Handeln in Widersprüchen fällt aber den meisten Menschen schwer. Denn wir sind es gewohnt, dass die Dinge klar sind. Schule muss klar sein. Führung muss klar sein. Entscheidungen müssen klar sein. Dies ist aber häufig eine Illusion.
Der Ursprung für diese Problematik liegt in unserem (westlich geprägten) Denken. Im Blogbeitrag "Mechanistisches vs. ganzheitliches Denken und Handeln" habe ich einen Vortrag von Prof. Herbert Pietschmann verlinkt, den Sie sich unbedingt anhören sollten. Denn Prof. Pietschmann legt überzeugend dar, auf welchen vier Säulen unser Denken gründet:

  • Alles, was messbar ist, soll gemessen werden.
  • Alles in kleinste Teile zerlegen.
  • Entweder - oder.
  • Ursache - Wirkung.

DAS ist das eigentliche Problem. Wir sind es nicht gewohnt, Widersprüche auszuhalten, sie zu nutzen und sie differenziert zu (durch)denken.

Resonanzfähige Inhalte

Ich habe in den letzten 12 Jahren gut 1.500 Blogbeiträge und unzählige weitere Posts auf sozialen Plattformen wie LinkedIn, Facebook, Twitter oder Instagram verfasst. Ich denke, dass ich behaupten kann, dadurch eine gewisse Intuition für resonanzfähige Inhalte in sozialen Medien entwickelt habe. Eigentlich handelt es sich um die Resonanzmuster in jenem Teil der Gesellschaft, mit dem ich über soziale Medien verbunden bin.
Die meisten Menschen lieben einfache, klare Antworten und Lösungen. Beiträge, die eine vermeintlich vollständige Liste an Regeln, Tipps, Strategien etc. versprechen, erfreuen sich großer Beliebtheit. Auf den ersten Blick hat auch mein Beitrag zur Schnelligkeit dieses Kriterium erfüllt. Aber nur auf den ersten Blick.
Denn ich habe mit keinem Satz gesagt, dass das Gegenteil von Geschwindigkeit - nämlich Langsamkeit - nicht auch wichtig wäre. Alle, die das kritisiert haben, haben diesen Rückschluss selbst getroffen. Denn grundsätzlich gilt: Wenn jemand eine Aussage (außerhalb der berechenbaren Naturwissenschaft) macht, sollte man diese IMMER hinterfragen und die Antithese dazu aufstellen.

Denken in Polaritäten

Durch die jahrelange Beschäftigung mit Systemtheorie, Dialektik und Philosophie habe ich gelernt, in Polaritäten und Unterschieden zu denken. Ich versuche immer, mir die jeweilige Aporie oder - wie es Gerhard Wohland bezeichnet - die Einheit der Unterscheidung vorzustellen.
Diese Art des Denkens ist zwar etwas aufwändiger, aber sie führt in den meisten Fällen zu wesentlich besseren Gedanken, Erkenntnissen und Ergebnissen. Mehr noch: Wenn man einige Grund-Aporien eintrainiert hat, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, in komplexen Situationen nützlicher zu denken und zu handeln:

  • Sollte ich jetzt offen, neugierig und empathisch sein? Oder sollte ich Position beziehen, mich abgrenzen oder die Kommunikation abbrechen?
  • Braucht es einen persönlichen Kontakt, ein persönliches Gespräch und Zeit? Oder ist eine andere Kommunikationsform (z.B. digital) ausreichend oder gar nützlicher?
  • Können wir das Problem mit Wissen lösen? Oder braucht es Kreativität, gute Ideen und menschliches Talent?

Die Liste ließe sich noch lange fortführen.

Schnelligkeit braucht Langsamkeit

Ich habe bewusst "Mindfulness" als Gegensatz zu Speed verwendet. Denn im Kontext des ersten Beitrags halte ich Speed nur dann für nützlich, wenn wir auch Phasen des gründlichen, differenzierten, aufgeklärten, (selbst)kritischen und faktenbasierten Denkens und Handelns haben.
Im Kern braucht es hierfür Menschen, die "bei sich" sind, die sich selbst gut kennen und reflektiert sind. Ganz im Sinne der Definition eines "intellectuals" dieses Kollegen:

Fazit

Wir brauchen kritisches, reflektiertes, langsames Denken UND mutiges, konsequentes Handeln.
Live with it.

Stefan Hagen

Juli 7, 20182 Comments

Kulturwandel ist wie Fahrradfahren

Kann man Fahrradfahren vom Reden und Zuschauen lernen? Nein, natürlich nicht. Man lernt es, indem man auf das Fahrrad sitzt, probiert, umfällt, Gefühl für die Bewegung entwickelt, es schlussendlich kann und in den Genuss kommt, sich viel schneller und effektiver als zu Fuß fortbewegen zu können.
Genauso verhält es sich beim Kulturwandel. Wenn Sie der Ansicht sind, dass Ihr Unternehmen eine neue Kultur der Führung und Zusammenarbeit braucht, hilft nur eines: Anfangen, Machen, Lernen, besser werden, erfolgreich sein.

Kultur verstehen

© Culture Institute 2018

Unser Kollege und Kooperationspartner Dr. Simon Sagmeister hat eines der besten und erfolgreichsten Bücher zu Kulturentwicklung geschrieben, das derzeit am Markt verfügbar ist. Er beschreibt darin Unternehmenskultur anhand der Culture Map - basierend auf dem Wertemodell von Clare W. Graves (und später Spiral Dynamics nach Beck/Cowan).
Kultur kann man immer nur indirekt beeinflussen - durch neues TUN. Um die richtigen Entscheidungen zu treffen und vor allem auch die Menschen der Organisation auf dem Lernprozess mitzunehmen, ist es wichtig, Kultur "denk- und besprechbar" zu machen. Genau hierfür ist die Culture Map hervorragend geeignet (Details siehe diese Buchrezension).

Neue Kultur lernen

Kultur ist kein Selbstzweck. Sagmeister dazu: "Kultur ist Herz, Verstand und Seele einer Organisation." Die Kultur bildet das ab, was eine Organisation in der Vergangenheit erfolgreich gemacht hat. In diesem Zusammenhang sollten sich Unternehmen vor allem folgende Fragen stellen:

  • Wie entwickelt sich unser Marktumfeld?
  • Welche aktuellen und künftigen Herausforderungen müssen wir als Unternehmen meistern, um erfolgreich zu sein?
  • Welche Fähigkeiten und welches Mindset brauchen wir dazu?

Es liegt auf der Hand, dass im Zeitalter digitaler Transformation Unternehmen viel rascher und effektiver auf Marktveränderungen reagieren müssen. Oder besser noch: Sie agieren rechtzeitig mit guten Ideen, Innovation und neuen Geschäftsmodellen, um gar nicht erst unter Druck zu geraten, den Anschluss zu verpassen.
Im Zusammenhang mit diesem Blogbeitrag zu Digital Leadership habe ich vor einiger Zeit das Modell der logischen Ebenen verwendet. Dieses Modell eignet sich gut, um zu zeigen, dass echte Lernprozesse (individuell oder kulturell) in der Tiefenstruktur von Menschen oder Organisationen stattfinden müssen.
Folgendes Paradoxon muss dabei überwunden werden:

  • Lernen braucht Erfolg. Denn nur daran erkennen wir, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Erfolg motiviert, dran zu bleiben und das (Kultur)Muster dauerhaft zu praktizieren und somit zur Selbstverständlichkeit zu machen.
  • Erfolg braucht Lernen. Um neue oder größere Erfolge zu erzielen, müssen wir neues lernen. Es ist kurzfristig immer leichter, im alten Verhaltensmuster zu bleiben. Mehr noch: Das alte Verhaltensmuster kann kurzfristig sogar zu mehr Erfolg führen als das neue.
  • Lernen braucht Offenheit, Anstrengung und Wiederholung. Der "Organisationsmuskel" wird nur stärker, wenn man sich anstrengt und dran bleibt. Ohne Fleiß kein Preis.

Fazit

Kulturwandel ist wie Fahrradfahren. Es kommt aufs MACHEN und LERNEN an. Sind Sie bereit zu lernen?
Stefan Hagen

Juni 14, 2018No Comments

We're disconnected.

Otto Scharmer ist Professor am MIT in Boston. Seine Publikationen zur Gestaltung von Wandel und Veränderung (insbesondere seine Theory U) haben in den letzten Jahren eine breite Anhängerschaft gefunden.
Von ihm stammt auch eines der für mich inspirierendsten Videos zu gelingender Veränderung. 25 Minuten, die sich lohnen!

Die für mich zentralen Botschaften sind:

  • Das größte Problem unserer Zeit: We're disconnected.
  • Wir haben die Verbindung
    • zu uns selbst (spiritual divide),
    • zu anderen Menschen in unserem Umfeld (social divide)
    • und zur Welt in einem größeren Kontext (ecological divide) verloren.

Let's connect.
 

Mai 27, 2018No Comments

Organisationsmuskel trainieren: 5 Ansatzpunkte zur organisationalen Fitness.

Das wirtschaftliche und gesellschaftliche Umfeld von Unternehmen verändert sich rasch und grundlegend - tiefgreifende Transformationsprozesse sind im Gange. Soweit keine neue Erkenntnis. Eines ist klar: Unternehmen müssen gerüstet sein, um mit der zunehmenden Dynamik, Komplexität und Marktintensität erfolgreich umzugehen. Sonst werden sie vom Markt verschwinden.
Aktuell wird viel über Veränderung und Wandel geschrieben und gesprochen. Das ist notwendig, um die verschiedenen Aspekte des Wandels besser zu verstehen und möglichst fakten- und datenbasiert relevante Entwicklungen zu analysieren. Immer häufiger verlieren wir uns aber in nutzlosem Geschwafel - jede/r Diskussionsteilnehmer/in meint, eine noch bessere Idee zu haben.
Damit in Organisationen strategische, strukturelle und kulturelle Veränderungen passieren, muss man etwas MACHEN. Nur durch neues Tun können sich Organisationen weiter entwickeln und verbessern.
Wir vergleichen Unternehmensentwicklung mit einem Organisationsmuskel, der bewusst trainiert werden muss. Warum diese Metapher?

  • Organisationen sind vergleichbar mit einem lebendigen Organismus.
  • Ein Organismus wird ausschließlich durch gezieltes Training stärker und widerstandsfähiger.
  • Regelmäßiges Training erfordert, vor allem am Beginn, Überwindung, Anstrengung und Konsequenz.
  • Muskeln wachsen einzig und allein durch TUN, nicht durch Reden und Konzepte schreiben.
  • Es braucht einen regelmäßigen Trainingsrhythmus, der mit der Zeit eine Selbstverständlichkeit für die Organisation darstellt.
  • Je stärker der Organisationsmuskel, umso wettbewerbs- und anpassungsfähiger ist ein Unternehmen.

Übrigens: Der Begriff Training wird in der Praxis häufiger für den Faktor Mensch (= Personalentwicklung) verwendet. Wir verwenden ihn in diesem Zusammenhang für den Faktor Organisation (= Organisationsentwicklung). Selbstverständlich bringen erfolgreiche, dynamikrobuste Unternehmen die Faktoren Mensch <> Organisation in Einklang.

5 Ansatzpunkte zur organisationalen Fitness

Wir stellen häufig fest, dass das Thema Organisation auf der Prioritätenliste von Führungskräften eine untergeordnete Rolle spielt. Das halten wir für einen großen Fehler. Denn durch ein bewusstes Lenken, Gestalten und Entwickeln des strategischen, strukturellen und kulturellen Rahmens (= St. Galler Managementverständnis) wird Zusammenarbeit in Unternehmen organisiert. Nicht erst seit Reinhard Sprenger wissen wir:

"Führungsaufgabe #1 = Zusammenarbeit organisieren."

Fünf konkrete Ansatzpunkte, wie die organisationale Fitness in Unternehmen gesteigert werden kann:

  1. Probleme: Der Problembegriff ist in vielen Unternehmen praktisch verschwunden. Wenn, dann dürfen wir Probleme maximal als "Herausforderungen" bezeichnen. Das birgt eine Gefahr. Denn Unternehmen sind dazu da, Probleme des Marktes zu lösen! Dynamikrobuste Unternehmen richten sich konsequent an den Problemen des Marktes (= externe Referenz) aus. Möglichst viele Mitglieder der Organisation sollen die Probleme des Marktes sehen, spüren und sich an den wertschöpfenden Prozessen beteiligen. Alle Pseudo-Probleme werden weggelassen.
  2. Geisteshaltung: Egal, wie schwierig eine Situation auch ist - wir haben immer die Wahl: Wir können uns über darüber beklagen oder das Thema konstruktiv und positiv angehen. Sportler/innen oder Sportteams entscheiden sich konsequent für letzteres. Organisationale Fitness entsteht nur, wenn eine "winning culture" von der Führung vorgelebt wird.
  3. Zusammenarbeit: Die leistungsfähigsten Unternehmen stellen interdisziplinäre Teams zusammen, die komplexe Aufgabenstellungen gemeinsam lösen. Gleichzeitig achten sie aber darauf, individuelles Talent nicht zu nivellieren, sondern dieses gezielt zu nutzen. Vergleichbar mit einem Sportteam, das eine gute Balance zwischen Einheit und Individualität wahrt.
  4. Struktur: Die Struktur des Unternehmens ist vergleichbar mit der Ausstattung und Gestaltung des Trainingsraumes. Es werden die richtigen Fitnessgeräte in der richtigen Reihenfolge angeordnet. Auch hier gilt, dass ein gesundes Maß zwischen Struktur und Freiheit gefunden werden muss. IT Systeme zur Lenkung und Unterstützung von Prozessen sind in diesem Zusammenhang von zunehmender Bedeutung. Durch den gezielten Einsatz können Informationen transparent zur Verfügung gestellt, Prioritäten und Standards effektiv kommuniziert und Leistungserstellungsprozesse gezielt unterstützt werden.
  5. Führung: Moderne Führung muss vor allem drei Dinge sehr gut beherrschen: Beobachten, Wahrnehmung durch Kommunikation fokussieren und Entscheidungen treffen - vergleichbar mit einem guten Coach eines Sportteams. Diese Form der Führung beherrscht vor allem den Wechsel von Prozessmustern
    • offen <> geschlossen
    • demokratisch <> hierarchisch
    • bottom up <> top down
    • unterstützen <> steuern
    • ...

Fazit

Organisationen werden nur durch bewusstes TUN stärker und wettbewerbsfähiger. Dies sollte auch der Anspruch sein: Immer besser, innovativer, konsequenter. Oder wie es Oli Kahn einmal ausgedrückt hat: "Weiter, immer weiter..."
Wir müssen endlich aufhören, Wirtschaft als etwas Romantisches anzusehen, bei der es in erster Linie um Menschen geht. In der Wirtschaft geht es nicht um Menschen - denn Wirtschaft ist moralisch dicht (vgl. Gerhard Wohland). Es geht in der Wirtschaft darum, Marktprobleme möglichst gut zu lösen.
NATÜRLICH muss unser Anspruch sein, wirtschaftliche Handeln in Einklang mit sozialen und ökologischen Werten zu bringen. Wir dürfen nur niemals vergessen: Im System Wirtschaft werden nur jene Unternehmen überleben, die Probleme ihrer Umgebung wirkungsvoll und innovativ lösen: Die starken, leistungsorientierten und anpassungsfähigen Unternehmen.
Wenn wir uns auf das innovative Beheben von Marktproblemen konzentrieren, versetzen wir Unternehmen erst in die Lage, sichere und gute Arbeitsplätze für Menschen anbieten zu können. Die umgekehrte Logik ist ein Denkfehler.
Stefan Hagen
 
 

März 18, 20184 Comments

Führung in zunehmender Dynamik: Dynamikrobuste Höchstleister.

Vor gut einer Woche haben wir einen eintägigen Denkraum mit Dr. Gerhard Wohland, Ralf Hildebrandt (dynamikrobust.com) und 12 Geschäftsführern und Führungskräften durchgeführt. Es war - wie immer mit Gerhard und Ralf - aufrüttelnd, inspirierend und lehrreich. Warum?

Die beiden zählen zu den Top-Experten in soziologischer Systemtheorie (Parsons, Luhmann...) im deutschsprachigen Raum. Wie so häufig bei brillanten Theoretikern haben andere Autoren, die z.B. das Wohland'sche Modell der Taylor Wanne oder die Unterscheidung zwischen blau (kompliziert) und rot (komplex) aufgegriffen haben, größere Bekanntheit in Fachkreisen erlangt.
Nach einem Tag mit Wohland/Hildebrandt kann man Organisation, Führung und Wirtschaft nicht mehr so denken wie zuvor. Denn vieles, was wir als logisch und klar akzeptiert haben, gerät ins Wanken, wenn wir es durch die soziologische Brille betrachten. Einige Beispiele gefällig?

  • Organisation besteht nicht aus Menschen.
  • Organisation besteht nur aus Kommunikation.
  • Soziale Systeme können nicht wahrnehmen, nur kommunizieren.
  • Wirtschaft ist moralisch dicht.
  • Kultur kann man nicht entwickeln.
  • Informationen kann man nicht austauschen.

Die soziologische Systemtheorie beinhaltet unzählige Provokationen und Irritationen, wenn man von der Betriebswirtschafts- und Managementlehre geprägt wurde. Genau darin besteht das immense Potenzial der Systemtheorie. WIRKLICH neues (Nach)Denken über Wirtschaft, Organisation, Führung und Zusammenarbeit.
Eine der wichtigsten Erkenntnisse besteht für mich darin, dass man Allgemeinplätze, wie man sie tagtäglich in Medien, auf Facebook, LinkedIn, Twitter, Blogs etc. liest, radikal hinterfragt. Denn die meisten Allgemeinplätze sind - theoretisch betrachtet - völliger Unfug und "unnützer Denkmüll" (Zitat Wohland).
Warum ist diese Ausprägung der Systemtheorie genau jetzt so relevant?

Umgang mit zunehmender Dynamik

Unternehmen müssen heute in der Lage sein, mit zunehmender Dynamik umzugehen. Mehr noch: Die besten Unternehmen nutzen Marktdynamik, um mit echten Innovationen Marktdruck zu erzeugen. Diese Unternehmen agieren schneller, gezielter und häufig auch unkonventioneller.
Für mich ist klar:

  1. Dynamik: Die Marktdynamik wird weiter zunehmen.
  2. Anpassung: Unternehmen müssen sich auf die Marktdynamik einstellen, sonst werden sie untergehen.
  3. Wissen: Die Organisations- und Führungskonzepte des Industriezeitalters sind bei hoher Dynamik häufig nutzlos oder sogar kontraproduktiv.
  4. Theorie: Wir brauchen künftig neben dem praktischen Ausprobieren und Erleben vor allem fundierte Theorie, um Organisationen zukunftsfähig zu managen und zu entwickeln.

 

Neues Denken

Mein Blogger-Kollege Conny Dethloff hat bereits vor einigen Jahren von der "kopernikanischen Wende im Management" gesprochen. Diese wird aufgrund der bereits angesprochenen höheren Umfelddynamik notwendig. Diese Ansicht teile ich. Hinzu fügen würde ich noch, dass wir folglich auch eine neue Form der Aufklärung benötigen. Denn unser Denken über die Welt ist auch aufgrund der neuen Medienwelt zunehmend vernebelt und verklärt.
Die meisten Konzepte, die in den letzten Jahren das vermeintlich Neue versprochen haben, sind eigentlich nur alter Wein in neuen Schläuchen. Ein gutes Beispiel ist Agiles Management. Natürlich sind Konzepte wie Scrum etc. für viele Organisationen neu. Die Prinzipien hinter Agile sind aber aus den 1950er Jahren.
Meine persönliche kopernikanische Wende im Management- und Organisationsverständnis hat die Auseinandersetzung mit Systemtheorie bewirkt. Speziell die soziologische Systemtheorie nach Parsons und Luhmann birgt Erkenntnisse, die für moderne Unternehmensführung und -entwicklung unverzichtbar sind.
Der Soziologe Stefan Kühl formuliert die Bedeutung von Systemtheorie in diesem Zusammenhang wie folgt (Quelle):

"Ich würde also sagen, die Systemtheorie hat eine aufklärerische, distanzierte Funktion, wenn es um die Beschreibung von Organisationen und ihren Veränderungen geht. Sie macht die ganze Euphorie nicht mit, die in der Management- und Beraterwelt stattfindet."

Das "Problem" mit der Systemtheorie ist nur, dass sie demjenigen, der sie lernen und verstehen möchte, einiges abverlangt. Denn sie zwingt zu wirklich neuem Denken. Eingefleischte Praktiker/innen und Macher/innen reagieren häufig irritiert, ablehnend oder mit Unverständnis. Genau hier liegt die Chance.

Fazit

Wir nutzen Systemtheorie praktisch tagtäglich in unseren Projekten. Denn gute Theorie ist in komplexen Situationen tatsächlich das Praktischste, was man für wirkungsvolle Problemlösung zur Verfügung hat. Gute Theorie ist Praxis im Kopf.
Ich würde mir wünschen, dass alle Menschen, die in Organisationen (Führungs)Veranwortung übernehmen, Systemtheorie als wirklich NEUES DENKMODELL entdecken und sich damit beschäftigen. Systemtheoretisches Denken macht einen Unterschied, der einen Unterschied macht 😉
Stefan Hagen
 
 

März 4, 20181 Comment

Digital Leadership. Eine Definition.

Seit einigen Jahren wird propagiert, Führungskräfte sollen nun endlich auch "digital" sein und agieren. Was aber ist damit eigentlich gemeint? Ist Digital Leadership nur ein weiteres Buzz-Word oder doch ein relevantes Konzept? Ich wage heute den Versuch einer Definition. Hierzu verwende ich das Modell der Logischen Ebenen nach Bateson und Dilts.

0) Umgebung, Kontext

Ein Digital Leader beobachtet das wirtschaftliche, technologische, gesellschaftliche und ökologische Umfeld seines/ihres Unternehmens genau und neugierig. Er/sie ist sich bewusst, dass sich Technologien zunehmend exponentiell entwickeln können. Er/sie weiß: Die Digitale Transformation ist Realität.

1) Verhalten

Ein Digital Leader nutzt digitale Möglichkeiten aktiv für seine/ihre Führungsarbeit. Speziell zur Unterstützung der Kommunikation, Koordination und Kollaboration kommen digitale Tools zum Einsatz - und das wird auch von den diversen Teams im Unternehmen gefordert. Ein Digital Leader forciert mit seinem/ihrem Verhalten einen Kulturwandel hin zu mehr Agilität, Transparenz, Vernetzung aber auch Disziplin.

2) Fähigkeiten

Ein Digital Leader ist in folgenden drei Kernaufgaben sehr versiert: a) Beobachten und reflektieren. b) Wahrnehmung durch Kommunikation fokussieren. c) Entscheidungen herbei führen oder treffen. Für alle Kernaufgaben nutzt er/sie auch digitale Tools und Möglichkeiten. Folglich kommen diese Möglichkeiten auch bei der Organisationssteuerung, -gestaltung und -entwicklung zum Einsatz.

3) Werte und Glaubenssätze

Ein Digital Leader ist vom positiven Potenzial der Digitalisierung überzeugt. Digital first! Mit dieser positiven Grundhaltung - dem Digital Mindset - geht er/sie an alle Herausforderungen heran. Er/sie ist aber nicht naiv und weiß ganz genau, dass der Einsatz der digitalen Technologien auch Risiken und Gefahren bietet.

4) Identität

Ein Digital Leader weiß, dass er/sie einen Unterschied machen kann und muss. Im Bewusstsein, dass Organisationen auch bewusst irritiert und gestört werden müssen, um sich zu entwickeln und zu lernen, nimmt er/sie die Führungsverantwortung wahr.

5) Sinn und Zugehörigkeit

Ein Digital Leader weiß, dass die Zukunftsfähigkeit seines/ihres Unternehmens auch wesentlich durch die innovative Nutzung digitaler Technologien beeinflusst wird. In diesem Bewusstsein forciert er/sie die Entwicklung digitaler Produkte, Prozesse und Geschäftsmodelle. So kann das spezifische Marktproblem, welches das jeweilige Unternehmen adressiert - noch effektiver und effizienter gelöst werden. 10x besser!
Ich freue mich über einen anregenden Austausch zu dem Thema.
Let's MAKE leadership.
 

Februar 18, 2018No Comments

Überhitzt

Ich bin ein Optimist. Meine Überzeugung ist es, dass wir die großen Herausforderungen unserer Zeit meistern können und werden. Auf allen Systemebenen besteht das Potenzial, einen Beitrag zur nachhaltigen Verbesserung zu leisten: In Familien, im Bildungssystem, in Unternehmen und auch im globalen Verbund. Wir haben das Wissen und die Fähigkeiten, eine bessere und gerechtere Welt zu gestalten. Read more

Januar 1, 2018No Comments

Jahresrückblick 2017 (4): Co-creative Sprints

Systemische Organisationsberatung verfolgt ein zentrales Ziel, nämlich Lern- und Entwicklungsprozesse zu initiieren und zu begleiten, um soziale Systeme (= Organisationen) überlebensfähiger, erfolgreicher und effizienter zu machen (vgl. Königswieser/Hillebrand 2004). Um dies zu erreichen, muss Beratung vor allem effektive Prozesse und Kontexte gestalten.
Wir haben uns in den letzten Jahren intensiv mit der Frage der Effektivität und Wirksamkeit unserer Beratung beschäftigt. Aspekte waren u.a.:

  • Wie können wir in möglichst kurzer Zeit relevante und dauerhafte und Ergebnisse erzielen?
  • Wie können wir das vorhandene Wissen und die verschiedenen Perspektiven und Fähigkeiten für den Lösungs- und Lernprozess nutzbar machen?
  • Wie können wir Zeit besser nutzen?
  • Wie können wir Beratungssysteme (= Klienten-Berater-System) gestalten, die zu tiefen gemeinsamen Lern- und Erkenntnisprozessen führen?

Entstanden sind neue, unkonventionelle und vor allem co-kreative Workshop-Formate, die wir als Sprints oder Kreativsprints bezeichnen. Im folgenden möchte ich einige Prinzipien und Modelle skizzieren, die Grundlage dieser Formate bilden. Read more

Dezember 30, 2017No Comments

Jahresrückblick 2017 (3): Digitale Zukunft gestalten.

2017 war in unserer Wahrnehmung ein markanter Wendepunkt im Kontext Digitalisierung und Digitale Transformation. Warum? Lange Jahre hatte man den Eindruck, dass viele Führungskräfte das Thema sehr zurückhaltend angehen oder sogar belächeln. Dies ist nun nicht mehr so. Plötzlich hat man den Eindruck, dass speziell in den Führungsetagen angeregt über Industrie 4.0, eCommerce, Blockchain, Big Data, Machine Learning oder Artificial Intelligence diskutiert wird. Das ist gut und schlecht zugleich. Read more

Dezember 26, 2017No Comments

Jahresrückblick 2017 (1): Viable Organization

Mit großer Dankbarkeit blicke ich auf das (fast) vergangene Jahr zurück. Wir durften tolle Kunden begleiten, spannende Projekte umsetzen und Tag für Tag lernen. 2017 war ein gutes und erfolgreiches Jahr.
In den nächsten Tagen werde ich das anhand fünf kurzer Episoden einen Jahresrückblick versuchen. Es handelt sich um Entwicklungen und Erkenntnisse, die für unser Unternehmen von großer Bedeutung waren und sind. Den Start bildet unser systemischer Beratungsansatz: Viable Organization (= funktionierende, überlebensfähige Organisation). Read more